Warmer Euro-Regen vom Petrisberg

TRIER. Optimale Effekte zu erzielen bei möglichst geringem Einsatz eigener Mittel: Das war die Strategie der Stadt Trier bei der Planung der Landesgartenschau. Wenn die Rechnung aufgeht, bewegt die Kommune bei einem Einsatz von gut fünf Millionen Euro Eigenmitteln eine Summe, die das Hundertfache beträgt.

Wer dieser Tage die Nummer der Tourist-Information Trier wählt, muss sich auf längere Wartezeiten einrichten. "Jeder zweite Anrufer", sagt TIT-Chef Hans-Albert Becker, klingele wegen der Landesgartenschau an. Die LGS sei "das ideale I-Tüpfelchen auf der ohnehin gefragten Marke Trier". Auch Hans P. Schlechtriemen von der City-Initiative ist zufrieden, habe doch der "Anziehungspunkt Gartenschau" dem verkaufsoffenen Sonntag am 2. Mai einen "tollen Erfolg" beschert. 40 Kilometer moselabwärts, in Bernkastel-Kues, hat das Busunternehmen Feuerer gerade eine Touristen-Tour mit dem Ziel Petrisberg eingerichtet. Die Nachfrage laufe gut an, berichtet Chefin Ursula Feuerer. Daneben fährt man regelmäßig einheimische Moselaner in Sonderbussen zur LGS. Keines dieser Beispiele bewegt die Welt, aber addiert machen sie die Gartenschau nach Einschätzung von IHK-Geschäftsführer Wilfried Ebel zu einem "enormen Wirtschaftsfaktor". Auf ihrer Homepage schlüsselt die Kammer auf, dass selbst die meist kostenbewussten Tagestouristen im Schnitt rund 35 Euro ausgeben. Würde man nach dieser Modellrechnung 300 000 auswärtige Besucher nach Trier locken, kämen zehn Millionen Euro zusätzlich in die Region. Beeindruckende Zahlen, doch kleine Fische gegenüber dem warmen Euro-Regen, den das Großprojekt auf dem Petrisberg über die lokale Bauwirtschaft ergießt. Dabei sind die 15 Millionen Euro, die die LGS-GmbH für die eigentlichen Gartenschau-Maßnahmen ausgegeben hat, fast nur ein Klacks. Denn die grüne Schau ist nur das Herzstück der gesamten Entwicklungsmaßnahme Petrisberg. Geschickt mit dem Spektakel verklammert hat die Stadt die Konversion des riesigen alten Militärgeländes zu einem modernen Stadtteil auf die Schiene gebracht. 100 Millionen Euro steckt die Entwicklungsgesellschaft Petrisberg - ein privatwirtschaftlich arbeitendes Unternehmen, an dem die Stadt beteiligt ist - in die Erschließung und den Ausbau. Ein Großteil davon fließt in die regionale Bauwirtschaft. Selbst die kritische Handwerkskammer, die bei der Vergabe von LGS-Aufträgen manches zu bemängeln hatte, ist nach Aussage von Hauptgeschäftsführer Hans-Hermann Kocks mit den EGP-Aufträgen "uneingeschränkt zufrieden". Ein "großer Teil" der einheimischen Betriebe beteilige sich mit Angeboten an den "vorbildlichen Ausschreibungen". Die Bedeutung des Gesamtprojekts wird noch klarer, wenn man die Investitionen der privaten Bauherren hinzurechnet. Lassen sich alle Grundstücke wie gewünscht vermarkten, rechnet EGP-Geschäftsführer Jan Eitel mit rund 116 Millionen Euro Ausgaben für Wohnhäuser und weiteren 100 Millionen Euro für Gewerbeflächen, darunter den künftigen Wissenschaftspark. Mit der "Lokomotive Landesgartenschau" hat sich die Nachfrage bislang gut angelassen. Nur ein vergleichsweise kleiner Teil der riesigen Investitionssummen kommt von der öffentlichen Hand. 30 Millionen Euro öffentliche Mittel fließen in die Gesamtentwicklung Petrisberg, vorrangig finanziert vom Land. Allerdings nicht als "Sonderzuschuss" in Sachen Gartenschau, sondern aus allgemeinen Konversionsmitteln. Mit weiteren 5,5 Millionen ist Mainz an den unmittelbaren Investitions-Kosten für die Gartenschau beteiligt, knapp ein Drittel der dafür benötigten Gesamtsumme. Die Stadt Trier bringt für den Petrisberg rund drei Millionen Euro und speziell für die Gartenschau 1,36 Millionen Euro bei den Investitionen ein.Berechenbare Risiken

Die Kosten für den laufenden LGS-Betrieb (Personal, Wechselausstellungen, Kulturprogramm, Marketing, Gärten, Bewachung) werden gesondert berechnet, weil das Land sich hier nicht beteiligt. Mit knapp zehn Millionen Euro kalkuliert die Gartenschau-GmbH insgesamt, das meiste soll sich über Eintrittspreise, Parkgebühren, Catering-Einnahmen und Sponsorenbeiträge refinanzieren. Auf exakt 1,1 Millionen Euro hat der Stadtrat den städtischen Anteil begrenzt. Kommen so viele Besucher wie geplant, müsste das hinhauen. Kommen mehr, bekommt die Stadt die Ausrichtung der Gartenschau möglicherweise zum Nulltarif. Kommen allerdings deutlich weniger, bleibt das Defizit am Stadtsäckel hängen. Dass da Gefahren drinstecken, räumt auch Triers Oberbürgermeister Helmut Schröer ein. Aber man habe "solide kalkuliert", die Risiken seien "berechenbar". Und angesichts der Vorzüge, die der Wirtschaftsfaktor Gartenschau biete, "wären wir verrückt gewesen, wenn wir diese Chance nicht genutzt hätten".

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