Weltlicher Kirchenmann

Der Kontrast hätte kaum größer sein können, als Reinhard Marx 2002 sein Amt in Trier aufnahm: Auf den introvertierten Hermann-Josef Spital folgte ein Bischof, der sich auch außerhalb der Kirche in der Öffentlichkeit sichtlich wohl fühlt.

 Professionell: Mikrofone und Kameras gehören für Bischof Marx zum Alltag.Foto: Friedemann Vetter

Professionell: Mikrofone und Kameras gehören für Bischof Marx zum Alltag.Foto: Friedemann Vetter

Eher ein Freund offener und klarer, bisweilen auch erstaunlich ungeschützter Worte als ein Kandidat für den diplomatischen Dienst. Ein Mensch mit sichtbarem und spürbarem Spaß an den schönen Dingen des Lebens. Und gleichzeitig von unnachgiebiger Konsequenz in Glaubensfragen, die er für grundlegend hält. Ein Kontrast, mit dem mancher seine Mühe hatte.Reinhard Marx: auch ein exzellenter Rhetoriker mit einer unverquasten, bildhaften, von theologischen Floskeln weitgehend freien Sprache. Und mit Freude an kontroversen Diskussionen, zumindest bei gesellschaftlichen Themen. Einer, der kompliziertere Sachverhalte so darstellen und argumentieren kann, dass auch einfache Gemüter sie verstehen - ohne dass es für den intellektuelleren Teil des Publikums platt wirkt. Kein Wunder, dass er zum Liebling von Presse, Funk und Fernsehen avancierte. Ein Kirchen-Mann, wie geschaffen fürs Medien-Zeitalter: Für ein starkes Bild immer zu haben. Um sich mit Fußball, Fahrrad, Zigarre oder Narrenkappe abbilden zu lassen, muss er sich nicht verstellen. Auch nicht für das Bad in der Menge der Gläubigen. Er ist so. Oder ein begnadeter Schauspieler vor dem Herrn.Dass er mit seinem unkonventionellen Stil bei manchen seiner Schäfchen aneckt, dürfte ihm nicht entgangen sein. Wer Klartext redet, zumal mit der Autorität eines hohen Amtes, kann sein Gegenüber auch schon mal verschrecken. Das wird nicht zwangsläufig als Einladung zur Debatte empfunden. Schon gar nicht bei jemandem, von dem man weiß, dass er auch keine Scheu hat, seine Macht einzusetzen. Aber dass man ihm vereinzelt Unnahbarkeit, gar Arroganz nachsagt, will ihm nicht in den Kopf. Dafür hat er zu oft "bei den Leuten" gestanden, ist auf Menschen zugegangen, hat das Gespräch gesucht. Innerhalb und außerhalb der Kirche. Unbequem ja. Ungestüm manchmal. Aber unnahbar? Höchstens für den, der sich nicht herantraut.Das gemütliche Biotop Trier hat ihm erlaubt, sich nicht übermäßig zu verbiegen. In der Metropole München wird man auf seine Fehler lauern.Dieter Lintz

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