Wenn Kinder Eltern ein Zuhause geben

FELL. Barbara und Josef Loch werden von ihrer Tochter und dem Schwiegersohn gepflegt. Respekt vor den Bedürfnissen des Alters und der Pflegenden - das ist das Rezept, dass für Harmonie im Haus der Hobrückers sorgt.

"Einen alten Baum verpflanzt man nicht", sagt ein altes Sprichwort. Der Meinung war auch Josef Loch (86). Zeit seines Lebens wohnte er in Schweich. Freunde und die meisten seiner Verwandten leben dort. Alles war eingespielt. Bis vor drei Jahren, als seine Frau einen Schlaganfall erlitt."Sie war für uns da, jetzt sind wir für sie da"

Die Diagnose: rechtseitige Lähmung. Barbara Loch (81) konnte keine Treppen mehr laufen. "Sie konnte nicht mehr kochen und nicht mehr waschen", sagt Olga Hobrücker, ihre Tochter. Eine Lösung musste gefunden werden. Die Geschwister waren sich einig: "Sie war für uns sechs Kinder da, jetzt sind wir für sie da." Olga Hobrücker erklärte sich bereit, die Mutter nach der "Reha" zu pflegen. "Wir haben Platz, und ich habe Zeit", sagt die 51-Jährige. Und: "Wenn wir die Oma nehmen, dann auch den Opa." Barbara Loch, "immer schon sehr temperamentvoll und Neuem gegenüber aufgeschlossen", hatte keinerlei Probleme mit dem Umzug. Ihr Mann hingegen wähnte sich in einem Konflikt: Seine Heimat zu verlassen, konnte er sich nicht vorstellen. Getrennt von seiner Frau zu leben noch weniger. Schweren Herzens zog er nach Fell. Reinhold und Olga Hobrücker machten im Erdgeschoss Platz für die Senioren. "Unser Schlafzimmer ist jetzt oben. Meine Mutter kann sich ja nur auf einer Etage bewegen." Eine angeschaffte Rampe für die drei Stufen am Eingang erleichtert das Hochschieben des Rollstuhls. Nachts sind die "Pfleger" über eine Funk-gesteuerte Klingel erreichbar. 24-Stunden-Bereitschaft fordern ihren Tribut. "Ich bin jetzt mehr ans Haus gebunden", sagt Olga Hobrücker. Spontane Einkaufsbummel sind nicht mehr möglich. Doch die Hobrückers haben sich notwendige Nischen geschaffen, um den Akku aufzuladen. Der Sonntag gehört Olga Hobrücker und ihrem Mann, der seine Frau gerne unterstützt. "Wir ziehen alle an einem Strang." Wenn Olga und Reinhold Hobrücker etwas unternehmen, kommen die Geschwister zum "Oma-Sitten". Durch die Pflege ihrer Mutter ist Olga Hobrücker auf einiges gestoßen, was das Leben der Familie nachhaltig bereichert. "Wir lesen jetzt beispielsweise viel mehr." Enkel Christian genießt es, abends von der Arbeit nach Hause zu kommen und dem Opa von seinem Tag zu erzählen. Josef Loch hat sich "an die neue Situation gewöhnt". Er hat Wege gefunden, mit der Veränderung umzugehen. Mit seinem Roller, einem Geschenk zum 80. Geburtstag, fährt er wöchentlich nach Schweich, um den Kontakt zu den alten Bekannten aufrecht zu erhalten. Mittlerweile sagt er: "Wir können wirklich froh sein, dass unsere Kinder sich kümmern." Voller Lob ist auch Barbara Loch für ihre Tochter und den Schwiegersohn: "Ich fühle mich sehr wohl, und wir werden so gut gepflegt." In diesem Jahr machen die Hobrückers zum ersten Mal wieder Urlaub. "Die jungen Leute brauchen auch mal Abwechslung", finden die beiden Senioren. Während der Urlaubsreise geht Barbara Loch in die Kurzzeitpflege ins Schweicher Altenheim. Josef Loch wird seine Frau täglich besuchen. Für vierzehn Tage ziehe er zurück ins Eigenheim nach Schweich, sagt er. "Die Möbel, alles, steht noch unverändert dort."

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