Wenn Papa etwas seltsam wird

TRIER. In weniger als einem Jahr hat eine breit angelegte "Projektgruppe Demenz-Zentrum" die Grundlagen für die neue Einrichtung in Trier gelegt. Mehr als 20 regionale Institutionen unterstützen die Initiative.

Manchmal muss man Chancen beim Schopf packen. Die 10. Gesundheitsförderungskonferenz des "Hauses der Gesundheit" im November 2004 war so eine Chance. Unter der Überschrift "Demenz - ein unbewältigtes Problem" trafen sich die Vertreter von Fach-Institutionen, Kommunen und Experten unter breiter Beteiligung der interessierten Öffentlichkeit. Und weil auch die zuständige Ministerin Malu Dreyer mit von der Partie war, kam der Vorschlag, ein Demenz-Zentrum für die Region Trier einzurichten, zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle. Im Januar 2005 schrieb das Land ein Modellprojekt aus, im April bewarb sich Trier, im Oktober kam die Zusage, man werde das Trierer Demenz-Zentrum als eine von sieben landesweiten Einrichtungen fördern. "Wir waren im Ranking auf dem zweiten Platz von 22 Anträgen", vermerkt der Vorsitzende des Hauses der Gesundheit, Professor Bernd Krönig, nicht ohne Stolz. Die Zeit wurde intensiv genutzt, um das Projekt in einer Steuerungsgruppe vorzubereiten. Mit den Verwaltungen von Stadt und Landkreis, dem Club aktiv, dem Caritas-Regionalverband und der Alzheimer-Gesellschaft fanden sich engagierte Kooperationspartner. Eine "sehr angenehme Zusammenarbeit" konstatiert die Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft in der Region, Johanna Reusche, und Professor Krönig freut sich über das "breite Bündnis".Domizil gefunden: Elisabeth-Krankenhaus

Ein Domizil war dank der Unterstützung des Elisabeth-Krankenhauses in dessen Altbau schnell gefunden. Vier Räume, von denen einer als Aufenthalts-Zimmer eingerichtet werden soll, damit Rat suchende Familienangehörige ihre Kranken mitbringen können. Zwei Beraterinnen sollen hier arbeiten, die Halbtagsstellen werden in diesen Tagen ausgeschrieben. Üppig ist das Platz-Angebot nicht, so dass manche Wünsche zunächst offen bleiben "Wir hatten auf ein festes Standbein in Trier gehofft", sagt Johanna Reusche. Die Alzheimer-Gesellschaft wollte auch Selbsthilfegruppen für Angehörige und Betreuungszeiten für Kranke anbieten - schwierig angesichts der beengten Verhältnisse. Aber die ehrenamtlichen Helfer spielen trotzdem eine große Rolle beim Konzept des Demenz-Zentrums. "Wir kommen nicht weiter, wenn wir nicht mehr ehrenamtliches Engagement aktivieren", sagt Dieter Ackermann von der Leitstelle "Älter werden" beim Kreis Trier-Saarburg. Das Zentrum soll helfen, eine "Anerkennungs-Kultur" für freiwilliges Engagement in Sachen Demenz zu schaffen. Ein Ansatz, den auch Professor Krönig verfolgt. Gerade Familien, die Demenz-Kranke betreuen, brauchen nach seiner Auffassung "nicht nur fachlichen Rat, sondern einfache, praktische Hilfe". Die Angehörigen entlasten, "ihr Angebundensein lockern" - da könnten Ehrenamtler helfen, koordiniert durch das Demenz-Zentrum. Aber davor ist die neue Einrichtung als Erst-Berater gefragt. Unbürokratisch, kostenlos und damit "niedrigschwellig", wie es im Konzept heißt. "Wenn man das Gefühl hat, der Papa ist ein bisschen seltsam geworden, muss man ohne Schwellenangst hingehen können, um sich zu informieren", übersetzt Krönig.Demenz-Patienten nicht verstecken

Wichtigstes Ziel: das verschämte Verstecken der Kranken zu verhindern. Wer Demenz-Patienten von der Öffentlichkeit abschirme, trage dazu bei, "dass die kognitiven Rest-Fähigkeiten verschüttet werden", mahnt Krönig. Es gelte, "durch Beratung Fehlentscheidungen zu verhindern". Man hofft, durch das Info-Angebot des Zentrums verstärkt Früh-Stadien der Demenz zu erfassen. Zu diesem Zeitpunkt lässt sich nach Expertenmeinung durch "Gehirnjogging" noch manche Verbesserung erreichen. Für die Behandlung im Einzelfall wollen die Berater des Zentrums eng mit den Hausärzten und den Fachärzten für Neuro-Psychiatrie zusammenarbeiten. Um die wissenschaftliche Begleitung des Modellprojekts kümmert sich der Fachbereich Psychologie der Uni Trier. Infos/Kontakt: Haus der Gesundheit, 0651/4362-217.

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