Wenn das Thema Klimaschutz zu heiß wird

Washington/New York. Alle Welt spricht vom Klimaschutz und überlegt, wie der drohenden Erderwärmung Einhalt geboten werden kann. In den USA versuchen konservative Kreise, sich des Problems anders zu entledigen: Indem sie es leugnen.

Wenn es um das Thema Klimaschutz geht, scheut der republikanische Senator James Inhofe nicht vor deutlichen Worten zurück. Die jüngsten Studien zu Treibhausgas-Emissionen und den drohenden weltweiten Folgen nennt der Bush-Parteifreund "pure Panikmache". Und einen Zusammenhang zwischen dem Verhalten der Menschen und dem Phänomen der globalen Erderwärmung will er erst gar nicht zur Kenntnis nehmen: "Der größte Betrugsversuch, dem sich Amerikas Bürger jemals ausgesetzt sahen", kanzelte der Kongresspolitiker aus Oklahoma schon 2003 entsprechende wissenschaftliche Untersuchungen ab. Andere Republikaner springen dem ranghöchsten Mitglied des Senatsausschusses für Umweltfragen gerne bei: Nur 13 Prozent von ihnen glauben nämlich einer Umfrage zufolge, dass Menschen für den Klimawandel verantwortlich sind. Bei einer Anhörung im Kapitol blickte Inhofes Parteifreund Dana Rohrbacher kürzlich weit zurück in die Erdgeschichte - und präsentierte die These, schon zur Steinzeit habe es Phasen hoher Kohlendioxid-Konzentrationen in der Atmosphäre gegeben. Und daran seien damals schließlich auch nicht die Menschen schuld gewesen. "Wir wissen nicht, wie das zu Stande kam", meinte der Senator allen Ernstes. "Die Ursache können doch auch Dinosaurier-Fürze gewesen sein."Wissenschaftlicher Vandalismus

Heute gibt es in den USA jede Menge Politiker, die sich ungeachtet überwältigender wissenschaftlicher Indizien weiter vehement dagegen sträuben, die signifikanten Klimaveränderungen zur Kenntnis zu nehmen und fühlbare Konsequenzen zu ziehen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete jüngst die teils erfolgreichen Bemühungen von US-Diplomaten und Vertretern Chinas, den zweiten Teil des UN-Klimaberichts vor seiner Veröffentlichtung in Brüssel in den Schlussfolgerungen zu entschärfen, als "wissenschaftlichen Vandalismus". Dabei haben Versuche der Politik, Forschern beim Verfassen ihrer Studien die Hand zu führen, in den USA bereits Tradition. So drangen schon bei der Vorstellung des ersten Klima-Berichts der Vereinten Nationen im Februar in Paris vor allem Abgesandte von Präsident George W. Bush auf Änderungen. Auch Nasa-Klimaforscher Drew Shindell vom New Yorker Goodard-Institut hat bereits Erfahrungen mit dem Zensurstift des Weißen Hauses gemacht. "Presseerklärungen des Institutes zum Thema Erderwärmung wurden so verwässert, dass sie beim Lesen niemanden mehr interessierten", berichtet der Physiker und Klimatologe. Shindell beklagt zugleich, dass eine Vielzahl von Forschungsaktivitäten, die sich Treibhausgas-Emissionen widmen, auslaufen und nicht erneuert werden können, weil die Gelder gestrichen wurden. Der Präsident, der öffentlich weiter darauf beharrt, eine "ausreichende" Klimaschutz-Politik zu betreiben und eine Verringerung des Benzinverbrauchs um 20 Prozent bis zum Jahr 2017 vorgeschlagen hat, spürt jedoch mittlerweile Handlungsdruck an mehreren Fronten. So erklärte Anfang des Monats der Oberste Gerichtshof die Ansicht des Weißen Hauses für ungültig, der Einfluss von Kohlendioxid auf Klima-Veränderungen sei nicht einwandfrei bewiesen. Mit diesem Argument hatte sich die Umweltbehörde Epa bisher geweigert, den Schadstoffausstoß in US-Fahrzeugen weiter zu beschränken. Die erste Direktorin der Epa in Bushs Amtszeit, die mittlerweile abgelöste Christine Todd Whitman, rechnete zudem in einem Interview am Freitag erstmals mit der Umweltpolitik des Weißen Hauses ab: Man brauche harte Beschränkungen und endlich eine Teilnahme am weltweiten Marktsystem des Kohlendioxid-Emissionshandels - ein Schritt, den US-Vertreter zuletzt bei einer Umweltminister-Konferenz in Potsdam abgelehnt hatten. Ob bis zum G-8-Gipfel im Juni in Heiligendamm, wo Klimaschutz die Tagesordnung dominieren könnte, unter Amerikas Konservativen ein Umdenken stattfindet, erscheint fraglich. In den Reihen der Republikaner sträubt man sich weiter dagegen, die Industrie stärker in die Pflicht zu nehmen - und die Bürger aufzurütteln.

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