Wer zeugt, der zahlt

TRIER. Bundesweit verweigern mehr als 100 000 Väter den Unterhalt für ihre Kinder. Viele halten das für ein Kavaliersdelikt. Doch ihnen drohen bis zu drei Jahre Gefängnis.

Klaus D. ist nicht zu fassen. Seit Jahren ist das Jugendamt hinter ihm her. Seine Frau und er haben sich vor sechs Jahren scheiden lassen. Doch damit fing für Gabi D. das Dilemma erst an. Klaus hat bislang nicht ein einziges Mal Unterhalt für die inzwischen zwölfjährige Tochter bezahlt. Dabei, so Gabi, könnte er es sich leisten: Er habe einen guten Job als Justitiar, und ihm gehöre eine Eigentumswohnung. Gabi hat lange gebraucht, bis es ihr zu viel wurde. Erst als er irgendwann umzog, ohne ihr seine neue Adresse mitzuteilen, platzte ihr der Kragen. Sie ging zum Jugendamt. Über den amtseigenen Fahndungsdienst war die neue Adresse schnell herausgefunden. Doch jeder Kontaktversuch blieb erfolglos. Als das Amt erfuhr, dass er durch ein Grundstücksgeschäft zu 5000 Euro gelangt war, wurde das Geld gepfändet. Doch auch danach erschien der Vater nicht zu angesetzten Gerichtsterminen, legte über seinen Anwalt Atteste vor und schaffte es, einem Haftbefehl zu entgehen. Solche Fälle treiben Petra Haubrich, Sachgebietsleiterin Beistandsschaften im Jugendamt der Stadt Trier, die Zornesröte ins Gesicht. Viele Männer in den meisten der allein im Trierer Jugendamt 2300 bearbeiteten Unterhaltsstreitigkeiten werden die Väter von ihren Ex-Frauen gesucht weigern sich, ihrer Unterhaltspflicht nachzukommen, weil der Hass auf die Ex-Frau so stark ist, dass sie ihr "keinen Cent" mehr geben wollen. "Die verstehen nicht, dass das Geld nicht für die Frau ist, sondern für ihr Kind", regt sich Petra Haubrich auf. Sie glaubt, dass die Männer mit ihrer kriminellen Haltung die Frau strafen und erniedrigen wollen. "Viele Frauen warten zu lange", warnt die Mainzer Anwältin Hildegard Fröhlich. Frauen sollten sofort auf die Unterhaltspflicht bestehen über das Jugendamt oder über einen Anwalt. Die Zahl derjenigen, die einfach Unterhaltszahlungen verweigern, steigt. "Die meisten haben noch nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein", klagt Haubrich. 250 Väter waren im vergangenen Jahr in Trier sogar so hartnäckig, dass sie ein Strafverfahren bekamen. Das ist aber die Ausnahme: "Die meisten reagieren auf Druck", sagt die Sachgebietsleiterin. Die Richter sind in einer misslichen Lage: Wird der Angeklagte zu einer Gefängnisstrafe verurteilt nach dem Strafgesetzbuch ist eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren möglich kann er während der Haft keinen Unterhalt zahlen. Auch eine Geldstrafe ist problematisch, weil der Verurteilte ja sein Geld für den Unterhalt einsetzen soll. Daher werden die meisten zu Bewährungsstrafen verurteilt. Bundesweit gab es im vergangenen Jahr 4000 Fälle von strafbarer Unterhaltspflichtverletzung. Die Tendenz ist steigend. Anwältin Fröhlich vermutet einen Zusammenhang mit der schlechten wirtschaftlichen Gesamtsituation. In höheren Gesellschaftsschichten gibt es die meisten Streitigkeiten. "Je mehr die Leute haben, um so heftiger wird um jeden Cent gestritten", sagt Petra Haubrich. Wird jemand zur Unterhaltspflicht herangezogen, so muss er seine Lebensumstände und Einkommensverhältnisse offenlegen. Macht er es nicht freiwillig, so wird ermittelt: über Banken, Arbeitgeber, Krankenkassen. Die Adresse kann auch direkt über das Einwohnermeldeamt oder bei der Post erfragt werden. Kann der Beschuldigte nachweisen, dass bei ihm nichts zu holen ist, bezahlt das Jugendamt den Unterhaltsvorschuss bis der Vater wieder Geld hat. Wer es sich leisten kann, beauftragt einen Privatdetektiv. Hans-Günter Palm aus Trier ist einer von ihnen. Zehn bis zwölf Fälle von Unterhaltspflicht hat er pro Jahr. Zwei, drei Tage beobachtet er die "Zielperson". "In der Regel kann ich dann nachweisen, dass der Mann zahlen kann." Einige lassen es dann allerdings immer noch auf Gerichtsverfahren ankommen. Petra Haubrich rät angesichts solcher Starsinnigkeit: "Man sollte sich der Konsequenzen bewusst sein, wenn man ein Kind in die Welt setzt. Oder aber man verhindert es. Kondome sind alle Mal billiger als Unterhalt."

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