Wie Behörden im Fall Amri agiert haben

(dpa) Der islamistische Anschlag des Tunesiers Anis Amri auf einen Weihnachtsmarkt in Berlin hat Deutschland erschüttert. Dabei steht auch die Arbeit der Behörden in der Kritik, rund 50 staatliche Stellen sollen mit Amri zu tun gehabt haben.

Ein Rückblick: Juli 2015 Amri kommt nach Deutschland. Er hält sich in Berlin und NRW auf. Später wird er trotz Ablehnung seines Asylantrags nicht nach Tunesien abgeschoben, da nötige Papiere von dort fehlen. Im November wird er erstmals aktenkundig. Er nutzt rund ein Dutzend Alias-Namen. 11. Januar 2016 Nach Angaben des Bundesinnen- und des Bundesjustizministeriums soll Amri von diesem Zeitpunkt an nahezu wöchentlich Thema bei deutschen Behörden gewesen sein. 17. Februar Amri wird als Gefährder eingestuft und observiert. 15. Juni Die Berliner Polizei beendet die Observationsmaßnahmen - sie hätten keine neuen Erkenntnisse gebracht, heißt es. Amris Telekommunikation sei aber weiter überwacht worden. 30. Juli Amri wird in Friedrichshafen an der Ausreise in die Schweiz gehindert und in Gewahrsam genommen. Ein Haftantrag zur Vorbereitung der Abschiebung wird bis zum 1. August befristet. Wegen fehlender Dokumente wird Amri allerdings aus der JVA Ravensburg entlassen. Ein Verfahren gegen ihn wegen der Fälschung von zwei italienischen Identitätskarten wird eingestellt. 21. September Wohl wegen seines Drogenkonsums erlischt das Interesse der Behörden an Amri. Auch die Telefonüberwachung wird abgeschaltet. Fast gleichzeitig warnt Marokkos Geheimdienst vor Anschlagsplänen. 24. Oktober Tunesien erkennt Amri als Staatsbürger an. Er wird nicht in Abschiebehaft genommen, da nach damaliger Einschätzung die rechtlichen Voraussetzungen dafür nicht vorliegen. 17. Dezember Nach Informationen der Bild am Sonntag treffen die Pass-Ersatzdokumente für Amri im tunesischen Generalkonsulat in Bonn ein. Sie erreichen vier Tage später die Ausländerbehörde in Köln. 19. Dezember Amri stiehlt in Berlin einen LKW und erschießt den Fahrer. Danach steuert er den Laster auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche. Insgesamt zwölf Menschen sterben. Auf seiner Flucht wird der 24-Jährige vier Tage später nahe Mailand von Polizisten erschossen. 14. Januar 2017 Das NRW-Innenministerium teilt mit, dass Amri kein V-Mann des Landesverfassungsschutzes war. 14. Februar Der Kölner Express berichtet, seit seiner Ankunft in Deutschland seien elf unterschiedliche Strafverfahren gegen Amri geführt worden - etwa wegen unerlaubter Einreise, der Beteiligung an einem versuchten Tötungsdelikt und gefährlicher Körperverletzung. 10. April Ein Sachbearbeiter des Ausländeramts Kleve erklärt im NRW-Untersuchungsausschuss, eine Abschiebehaft für Amri sei aussichtslos gewesen. Wegen seiner zahlreichen Identitäten wären mehrere wenig kooperative Zielländer infrage gekommen, daher sei eine fristgerechte Abschiebung vor Gericht nicht nachzuweisen gewesen. 17. Mai Die Berliner Landesregierung stellt Strafanzeige wegen Strafvereitelung. Mitarbeiter des Landeskriminalamtes stehen im Verdacht, Ermittlungsergebnisse über Amris Drogenhandel zurückgehalten und vielleicht sogar manipuliert zu haben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort