"Wir brauchen einen Quantensprung"

BERLIN. In den letzten Monaten habe man einige Rückschläge erlitten, so analysiert der CDU-Bundesvize Christoph Böhr die Lage von CDU und CSU. Er warnt die Union im TV -Interview davor, sich auf guten Umfragen auszuruhen.

Wie reformfähig ist die Union?Böhr: Wir sind auf einem sehr guten Weg. Aber wir haben in den letzten Monaten in der Tat Rückschläge bei der Programmarbeit erlitten. Die Abstimmung zwischen CDU und CSU muss deshalb jetzt einen Quantensprung nach vorne machen. Es gibt kaum ein Thema, bei dem die C-Parteien nicht lavieren. Dennoch sind die Umfragewerte hoch. Ist die Union zu selbstzufrieden geworden? Böhr: Ich kann nur dringend davon abraten, sich auf den Umfragen auszuruhen. Sie spiegeln Empörung und Abwendung von den Regierenden wider, aber noch längst nicht eine Hinwendung zu den Unionsparteien. Ich teile jedoch nicht den Eindruck, dass es um Lavieren geht. Es stimmt, wir waren mit den Beschlüssen unseres Leipziger Parteitags Anfang Dezember viel weiter als wir heute sind. Aber schließlich geht es darum, dass wir bei der Reform unserer sozialen Sicherungssysteme absolutes Neuland betreten wollen, damit alle zu Gewinnern in unserer Gesellschaft werden. Das muss gut durchdacht sein, weil viele Menschen Angst haben, wenn sie das Wort "Reform" hören. Anders werden wir unser großes Ziel, nämlich Arbeit für alle, aber nicht erreichen. Nehmen Sie nur einmal die Steuerreform - da bieten CDU und CSU jetzt einen Mischmasch aus den Plänen des Bayern Faltlhauser und des Sauerländers Merz an. Dazu noch einen ungedeckten Entlastungsscheck von 25 Milliarden Euro. Das klingt nicht durchdacht, auch nicht glaubwürdig. Böhr: Beim Steuerkonzept ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Aber daran zeigt sich, was ich anfangs mit dem Rückschritt gemeint habe. Für die CDU kann es doch überhaupt keinen Anlass geben, hinter das in Leipzig Beschlossene zurückzugehen. Auch nicht beim Steuerkonzept von Friedrich Merz. Wir halten an der großen Steuerreform fest. Heißt das übersetzt, die CDU ist mit ihren Plänen der Reformmotor, und für die Rückschritte ist die CSU verantwortlich - in Person von Edmund Stoiber? Böhr: Die CSU hat sicher dazu beigetragen, dass wir das Tempo deutlich verringern mussten. Ist die Uneinigkeit der Union in Sachfragen nicht auch ein Zeichen eines Machtkampfes zwischen Berlin und München? Böhr: Das ist überhaupt nicht der Fall. Wir sind alle brennend daran interessiert, 2006 die Bundestagswahl zu gewinnen. In welcher personellen Formation werden wir noch früh genug sehen. Angela Merkel hat jedenfalls oft genug bewiesen, dass sie stark genug ist, ihren Kurs durchzusetzen. Das Interview führte unser Korrespondent Hagen Strauß.

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