"Wir dürfen uns nicht verzetteln"

Nach dem Mord an drei deutschen Polizisten haben in der deutschen Botschaft von Kabul Polizisten, Soldaten und Zivilisten Abschied von den Männern genommen. Die Leichen der Männer sollten in der Nacht auf Samstag in die Heimat überführt werden.

Die Bundesregierung erwägt unterdessen eine Aufstockung des Bundeswehrkontingents in Afghanistan, um die Ausbildung einheimischer Sicherheitskräfte zu verstärken. Nach Überzeugung des verteidigungspolitischen Sprechers der Grünen, Winfried Nachtwei, lässt sich dieses Ziel auch durch eine Umgruppierung der vorhandenen Bundeswehr-Soldaten erreichen. Mit ihm sprach unser Berliner Korrespondent Stefan Vetter.

Teilen Sie die Überlegungen in der Bundesregierung?

Nachtwei:
Am Ende werden sicher mehr Bundeswehrsoldaten für die Ausbildung gebraucht. Aber das kann nicht bedeuten, noch mehr Soldaten an den Hindukusch zu schicken. Der allergrößte Teil der Bundeswehr in Afghanistan ist mit der eigenen Organisation beschäftigt. Nur sehr wenige arbeiten in der Ausbildung. Dieses krasse Missverhältnis zwischen Innen- und Außenaktivitäten lässt sich garantiert optimieren, ohne dass die Sicherheit unserer Soldaten darunter leidet. Hier gibt es noch erhebliche Reserven.

Wie steht es um die Polizei-Ausbildung?

Nachtwei: Sehr schlecht. Die Militärausbildung in Afghanistan ist sicher wichtig. Aber der größte Aufstockungsbedarf besteht bei Eupol, der europäischen Polizeimission. Dieser Einsatz zur Qualifizierung von afghanischen Polizeikräften ist materiell und personell völlig unzureichend ausgestattet. Deutschland stellt derzeit nur 45 Polizeiberater, die qualitativ Gutes leisten. Auch andere Staaten könnten sicher noch viel mehr tun, aber das ist keine Entschuldigung.

Wer trägt dafür die Verantwortung?

Nachtwei:
Die Polizei-Ausbildung ist nicht Sache der Bundeswehr. Sie hilft dabei mit, obwohl sie es nicht müsste. Verantwortlich dafür sind das Innen- und das Außenministerium.

Zurück zur Armee-Ausbildung. Nach den Worten des Staatsministers im Außenamt, Gernot Erler, könnten deutsche Soldaten dazu auch im besonders unsicheren Süden Afghanistans aktiv werden. Eine gute Idee?

Nachtwei: Herr Erler muss sich darüber im Klaren sein, dass ein solcher Schritt der entscheidende Türöffener für ein volles militärisches Engagement der Bundeswehr im Süden Afghanistans wäre. Davor kann ich nur warnen. Die Bundeswehr hat schon im sehr schwierigen Norden alle Hände voll zu tun. Wir dürfen uns nicht verzetteln.

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