"Wir haben alles getan"

Fassungslosigkeit nach dem Bekanntwerden der schweren Misshandlung eines Babys in Bitburg. Wie konnte es dazu kommen?

Bitburg. Was wirklich in der Nacht zum 14. Januar in der Wohnung in Bitburg passiert ist, weiß wohl nur der Vater des kleinen Mädchens. Der 32-Jährige hat auf das damals fünf Monate alte Baby aufgepasst. Die 19-jährige Mutter schlief nebenan, sie sei fertig gewesen, nach zwei durchwachten Nächten mit dem zahnenden Baby, sagt ihr Anwalt Heinz-Jürgen Maagh. Jedenfalls habe sie, so der Bitburger Rechtsanwalt, nichts davon mitbekommen, dass die Kleine angeblich plötzlich einen Atemstillstand hatte. Der Mann, der bereits ein Kind aus einer anderen Beziehung hat, behauptet, er habe das Mädchen deswegen "geschüttelt" und so womöglich vor plötzlichem Kindstod gerettet. Erst danach, so Maagh, habe er die Mutter geweckt, die dann den Notarzt gerufen habe. Im Trierer Mutterhaus wurden dann ein Schütteltrauma und Blutergüsse am Kopf festgestellt. Ein Brandmal, das Ärzte an der linken Hand des Babys entdeckten, sei bereits älter gewesen, sagt Maagh. Woher die Wunde stamme, stehe nicht fest. Während des fünftägigen Klinik-Aufenthaltes sei gegenüber der Mutter nie der Verdacht einer Misshandlung geäußert worden, sagt der Anwalt. "Keine Hinweise auf Misshandlung"

Das Mutterhaus wollte sich gestern "aus Gründen der ärztlichen Schweigepflicht und des schwebenden Strafverfahrens" nicht zu den Vorwürfen äußern. Die Großmutter des Babys hat die Klinik wegen Körperverletzung angezeigt. Laut Maagh war die falsche Schlussfolgerung aus den Verletzungen des Kindes fatal: "Die Mutter musste davon ausgehen, dass der Vater das Leben des Kindes gerettet hat." Daher habe sie ihn danach ohne Bedenken öfter auf das Kind aufpassen lassen. "Wir hatten keine Hinweise auf eine Misshandlung", sagt der für das Jugendamt zuständige Geschäftsbereichsleiter der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm, Stephan Schmitz-Wenzel. Man sei vom Trierer Mutterhaus lediglich informiert worden, dass es vielleicht ratsam sei, die junge Mutter bei der Erziehung zu unterstützen. Daher habe man einen freien Träger in Bitburg damit beauftragt, sozialpädagogische Familienhilfe zu leisten. Weitere Maßnahmen seien aus damaliger Sicht nicht notwendig gewesen, die Familie sei bis dahin "unauffällig" gewesen. Eine Diplom-Pädagogin habe Mutter und Kind zweimal besucht, auch den Vater habe sie kennen gelernt. Brüche von Rippen und Unterarmen

Die Pädagogin habe nichts "Auffälliges" festgestellt, das Kind habe keine Spuren von Verletzungen gehabt, sagt Schmitz-Wenzel. Das letzte Mal hat die Diplom-Pädagogin das Baby am 13. Februar gesehen, einen Tag später wurde es erneut ins Trierer Mutterhaus gebracht, angeblich zunächst wegen Verdachts auf einen Infekt. Dabei wurden dann mehrere Rippenbrüche und Brüche der beiden Unterarme festgestellt. Drei Tage zuvor war das Baby laut Rechtsanwalt von einer Kinderärztin untersucht worden. Sie habe noch keine Verletzungen festgestellt. In der Nacht vor der erneuten Einlieferung in die Klinik soll wieder der Vater auf die Kleine aufgepasst haben. Laut Maagh hatte auch dieses Mal die Mutter nichts von den Verletzungen gemerkt. Der Vater erklärt später, er habe das Kind im Spiel in die Luft geworden, es sei dann auf den Boden gefallen. Die Klinik schlug Alarm, und das Jugendamt erwirkte beim Bitburger Amtsgericht einen Beschluss, wonach das Mädchen sofort in eine Pflegefamilie zu geben war. Dort ist das Kind seit dem 26. Februar. Die Mutter darf es unter Aufsicht bis zu drei Stunden in der Woche sehen. Maagh will erreichen, dass die 19-Jährige ihr Kind wieder bekommt. In dieser Woche soll das Oberlandesgericht in Koblenz darüber entscheiden.

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