Wirbel um Korrekturen beim Mietrecht

Die Bundesregierung will Kündigungsfristen im Mietrecht vereinheitlichen. Immobilienbesitzer sind dafür. Mietervereine und die Opposition sehen die sozialstaatliche Ausrichtung des Kündigungsrechts in Gefahr.

Berlin. Die Ankündigung der FDP, die Kündigungsfristen im Mietrecht zu vereinheitlichen, ist bei der Opposition auf scharfe Kritik gestoßen. FDP-Fraktions-Chefin Birgit Homburger hatte gestern einen Passus in der Koalitionsvereinbarung bekräftigt, wonach die Kündigungsfristen für Mieter und Vermieter künftig gleich sein sollen. Die konkreten Fristen sind noch offen. Es werde bei einem "sozialen Mitrecht" bleiben, versicherte Homburger. "Es soll aber an einigen Stellen weiterentwickelt werden, um einen Impuls für mehr Investitionen gerade auch im privaten Mietwohnungsbau zu setzen."

Durch die geplanten Änderungen würden die Mieterrechte "erheblich beschnitten", sagte dagegen SPD-Fraktionsvize Olaf Scholz gegenüber unserer Zeitung. Schwarz-Gelb habe sich "ausschließlich Forderungen der Vermieterlobby" zueigen gemacht. "Die geltenden gesetzlichen Kündigungsfristen haben sich bewährt. Denn sie tragen der notwendigen Mobilität angemessen Rechnung und berücksichtigen das nach einer langen Mietdauer bestehende Schutzbedürfnis der Mieter", erläuterte Scholz. Der Rechtsexperte der Linken, Wolfgang Neskovic, sprach von einer "Politik des kalten Herzens". Gleiche Kündigungsfristen widersprächen der sozialstaatlichen Ausrichtung des Kündigungsrechtes.

Seit der Mietrechtsreform im Jahr 2001 haben langjährige Mieter einen besseren Schutz. So erhöht sich die Kündigungsfrist für den Vermieter von drei auf sechs Monate, wenn der Mieter länger als fünf Jahre in der Wohnung wohnt. Nach acht Jahren Vertragsdauer muss der Vermieter eine neunmonatige Kündigungsfrist einhalten.

Idee: Keine Mietminderung mehr bei Sanierungen



Dagegen können Mieter immer drei Monate vor ihrem beabsichtigen Auszug kündigen, egal wie lange das Mietverhältnis besteht. Eine Vereinheitlichung würde entweder längere Kündigungsfristen für den Mieter oder kürzere für den Vermieter bedeuten. "Wir wollen nicht, dass Vermieter ausgerechnet den Mietern, die seit vielen Jahren in ihrer Wohnung und im gleichen Haus wohnen, schneller kündigen können", hieß es beim Deutschen Mieterbund. Auch der umgekehrte Weg ginge zulasten der Mieter: Schon wegen der flexiblen Anforderungen des Arbeitsmarktes seien verlängerte Kündigungsfristen für den Mieter fehl am Platz. Der Verband Haus & Grund, der die Immobilien-Eigentümer vertritt, hält eine Angleichung der Kündigungsfristen für geboten. "Einheitlich vier oder fünf Monate wären in Ordnung, denn in den wenigen Fällen, in denen ein Vermieter Eigenbedarf geltend macht, sollte er auch schnell zu seinem Eigentum gelangen", sagte ein Verbandssprecher. Der Mieterbund schätzt die Zahl der Kündigungen wegen Eigenbedarfs auf mehr als 100 000 pro Jahr.

Neben der Vereinheitlichung des Kündigungsrechts plant Schwarz-Gelb auch eine rechtliche Besserstellung des Vermieters bei energetischen Sanierungen. Demnach soll der Mieter keine Möglichkeit einer vorübergehenden Mietminderung mehr haben, wenn der Vermieter den Einbau einer umweltschonenden Heizung oder eine Wärmedämmung an der Fassade vornimmt. "Wer verlangt, dass die volle Miete auch dann bezahlt wird, wenn die Wohnung nur mit erheblichen Einschränkungen genutzt werden kann, stellt allgemeine Vertragsgrundsätze auf den Kopf", kritisierte Scholz. Dass der Mieter künftig während einer Baumaßnahme auch dann die volle Miete entrichten solle, wenn er die Wohnung nicht vertragsgemäß nutzen könne, verstoße gegen ein elementares Gerechtigkeitsprinzip.

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