Zankapfel RAF

BERLIN. "Mythos RAF": Die geplante Berliner Ausstellung über den Terror in den 70er-Jahren sorgt für Emotionen und wird zum Politikum.

Endlich, Berlin hat sein Sommerthema. Der Zankapfel heißt "Mythos RAF", für viele Ältere ein düsteres Thema, für die Jüngeren ein weitgehend unbekanntes Objekt. Die geplante Ausstellung über die "Rote Armee Fraktion", die in den 70er-Jahren die Republik (West) mit tödlichem Terror überzog, gibt Anlass für einen politischen Streit der feinsten Kategorie. Die Kernfragen: Darf man von einem "Mythos RAF" sprechen? Darf der Staat mit Steuergeldern ein Werk über "diese Mörderbande" (Burkhard Hirsch, FDP) fördern? Ist es glaubhaft, wenn die Initiatoren versichern, keinesfalls eine Mystifizierung betreiben, sondern hinterfragen zu wollen, "warum der RAF-Terrorismus in Filmen, Theaterstücken und Szene-Boutiquen eine Renaissance als Pop-Phänomen feiert?" Zur Vorgeschichte: Ideengeberin der veranstaltenden "Kunst-Werke Berlin" (KW) ist Adrienne Geohler, ehemals (grüne) Kultursenatorin der Hauptstadt, und Kuratorin (Verwalterin) des zehn Millionen Euro schweren Hauptstadt-Kulturfonds. Sie sitzt auch in der Kommission, die über den Antrag zur Förderung des RAF-Projektes zu entscheiden hatte und einen Zuschuss von 100 000 Euro genehmigte. Mit dabei in dem fünfköpfigen Gremium: Kultur-Staatsministerin Christina Weiss. Kanzler Gerhard Schröder reagierte auf den von "Bild" angeheizten Proteststurm und bat die Ministerin, die Sache zu "überprüfen". Weitere Beteiligte: Unter anderem Bundesinnenminister Otto Schily (Ex-Verteidiger der RAF-Chef-Terroristin Gudrun Ensslin); der grüne Abgeordnete Christian Ströbele (seinerzeit Anwalt von RAF-Chef Andreas Baader); Angehörige der RAF-Opfer Hanns-Martin Schleyer und Detlev Rohwedder. Wie es weitergehen soll, weiß niemand so recht

Der Ablauf in Kürze: Per Brief an Schröder und Schily verlangen die Familien Schleyer und Rohwedder, die Ausstellung abzusagen. "Bild" berichtet. Schily schreibt an die Familien der RAF-Opfer und äußert "erhebliche Bedenken" gegen die Schau. Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer nennt die Kritik an der Ausstellung "abwegig". Die Kunst-Werke geben zu, das Fördergeld bereits erhalten zu haben, obwohl noch niemand das Konzept der Ausstellung kennt. Der künstlerische Leiter Klaus Biesenbach schickt Schreiben an die Angehörigen der RAF-Opfer, erläutert das Vorhaben und sagt, man wolle daran festhalten. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer verlangt die Absage der Veranstaltung "ohne wenn und aber". Wie es weitergehen soll, weiß niemand so recht. Staatsministerin Weiss hat die Bestätigung ihrer Zusage davon abhängig gemacht, dass die Angehörigen "einbezogen" werden. Was passiert, wenn die bei ihrer Ablehnung bleiben, konnte im Hause Weiss am Freitag nicht beantwortet werden.

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