Zerbrechliche Zukunft in erfahrenen Händen: Betriebsübergabe bei Glaskunst Kaschenbach in Trier

Trier · Wer langfristig und zielgerichtet seine Betriebsübergabe plant, findet nicht nur geeignete Nachfolger, sondern kann sich selbst noch mit Rat und Tat ins Unternehmen einbringen. Das Beispiel von Glaskunst Kaschenbach in Trier zeigt es.

 Glaskunst heute und morgen: Johannes Kaschenbach (Mitte) und sein Bruder haben den Betrieb an ihre langjährigen Mitarbeiter Thorsten Meyer (links) und Oliver Berg (rechts) übergeben. TV-Foto: Sabine Schwadorf

Glaskunst heute und morgen: Johannes Kaschenbach (Mitte) und sein Bruder haben den Betrieb an ihre langjährigen Mitarbeiter Thorsten Meyer (links) und Oliver Berg (rechts) übergeben. TV-Foto: Sabine Schwadorf

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Gut neun Monate ist das Projekt "Betriebsübergabe" beim Trierer Traditionsbetrieb Glas Kaschenbach nun alt. Und wie ein neugeborenes "Kind" ist auch das Projekt noch frisch. Und doch hat sich mit der Übernahme des Betriebs durch Thorsten Meyer (42 Jahre) und Oliver Berg (40) in der täglichen Praxis wenig verändert. Schließlich sind beide bereits seit über 25 Jahren in dem Unternehmen beschäftigt, haben ihr Handwerk dort von der Pike auf gelernt und sind auch mit Führungsaufgaben wie der Baustellenabwicklung, Kundenbetreuung und der Suche nach technischen Lösungen betraut.

"Für uns ist diese Lösung der Idealfall", sagt Übergeber Johannes Kaschenbach (57), der wie sein Bruder Peter (61) die Firmenanteile an beide Mitarbeiter verkauft hat. "Wir selbst waren mit unserer Berufswahl in die spätere Übernahme des Betriebs hin eingenordet, es zeichnete sich schnell ab, dass ich technisch-kreative Aufgaben übernehme und mein Bruder kaufmännisch die Fäden in der Hand hält", sagt Johannes Kaschenbach rückblickend. Eine Selbstverständlichkeit in früheren Zeiten, eine Ausnahme in der heutigen Zeit.

Doch als sich nicht - wie zuletzt zwei Mal - eine Nachfolge aus der Familie ankündigte, "haben wir uns bereits im Vorfeld Gedanken über den Fortgang des Unternehmens gemacht". Das Unternehmen am freien Markt zu verkaufen, kam für beide Chefs nicht in Frage. Aber mit der Option, eigene Mitarbeiter einzubinden, gelingt den Kaschenbachs, Traditionen zu erhalten und den Weg für Neues zu öffnen. "Wir haben einfach mal gefragt, und beide waren spontan bereit", sagt Übergeber Johannes Kaschenbach.

"Ich war froh und stolz zugleich", sagt Nachfolger Thorsten Meyer, der ein immerhin 71 Jahre altes Unternehmen weiterführt. Und doch braucht es auch in diesem Fall die Unterstützung der beiden Nachfolger-Familien. Schließlich heißt Unternehmer und selbstständig zu sein, "selbst viele Arbeiten und diese ständig zu erledigen", weiß Kaschenbach.

Thorsten Meyer und Oliver Berg wissen, worauf sie sich eingelassen haben. "Die ersten zehn bis 15 Jahre im Betrieb wäre ich nie auf den Gedanken gekommen, selbst ein Unternehmen zu führen, aber seit zwei, drei Jahren habe ich schon darüber nachgedacht", gesteht Neu-Unternehmer Berg.

Für die 35 Mitarbeiter und vier Azubis bleibt nach drei Generationen Kaschenbach zunächst alles beim Alten, sind die neuen Chefs doch langjährige Kollegen. Und das Glasgeschäft steht auf sicherem Sockel. Etwa 35 bis 40 Tonnen Glas werden im Monat bei Glaskunst Kaschenbach verarbeitet, das Hauptstandbein des Spezialisten besteht im Glasinnenausbau von der Duschkabine bis zur sandgestrahlten Arztpraxis-Ausstattung. Eine weltweite Besonderheit ist der Kirchenglasbau.

Bis in die USA, nach Afrika, Indonesien und in die Karibik wurden Kirchen und Gebäude bereits mit Trierer Glaskunst beliefert. Vor allem aber ist das Unternehmen einer der führenden Zulieferer für die Türenindustrie.

"Wo der Baumarkt aufhört, fangen wir an", sagt Oliver Berg, nun zuständig für den kaufmännischen Part des Betriebs. "Wir sind an allen Trends dran und müssen immer die Nase vorn haben", sagt Kompagnon Thorsten Meyer. So wie die Mode bei der Kleidung, komme auch in der Glaskunst immer wieder Neues auf den Markt. Ob's ein Bild der Familie als Spritzschutz für die Küchenrückwand sein soll oder eine Palminsel als beleuchtetes Tryptichon im Bad: "Sonderwünsche gibt es jeden Tag. Aber wir sind darauf gefasst", sagt Meyer.

Und so sehen sich die neuen Chefs für die Zukunft gut gerüstet. Für alle Fälle steht aber auch Johannes Kaschenbach für die Nachfolger noch beratend und mit seinen zahlreichen Kundenkontakten zur Seite. Außerdem hat dieser nun Zeit, sich seiner Leidenschaft, dem Kirchenglasbau, wieder stärker zu widmen.Meinung: Es geht um die Zukunft

Unternehmen kommen, und Unternehmen gehen - ein an und für sich logischer und normaler Prozess. Und doch ist nicht jedes Unternehmen, das vom Markt verschwindet, eine Folge der wirtschaftlichen Veränderung, von neuem Kundenverhalten oder einem neuen Trend. Meist steckt mehr dahinter, nämlich fehlende Weitsicht von Firmenchefs, Scheuklappen gegenüber dem eigenen Ruhestand und ein gutes Stück Selbstüberschätzung, was Innovationsfreude und letztlich Lebenszeit angeht. Natürlich geben Firmeninhaber mit einer Übergabe immer ein Stück Familiengeschichte und Lebensleistung aus der Hand, und doch birgt jede Übergabe die Chance in sich, dass dieses Erbe erhalten bleibt und weiter fortgeführt wird. War es in früheren Zeiten selbstverständlich, dass die Jungen in die Fußstapfen der Älteren treten, gilt es heute, bei der jungen Fachkräftegeneration Freude und Ehrgeiz für das Unternehmerdasein zu wecken und eigene Chef-Eitelkeiten hintanzustellen.

s.schwadorf@volksfreund.deExtra: So übergebe ich mein Unternehmen

Wer sich und seinen Betrieb auf die Nachfolge vorbereiten möchte, dem bietet sich am Montag, 16. Oktober, ab 15.30 Uhr in der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier die Gelegenheit. "Unternehmensnachfolge erfolgreich gestalten" heißt die Veranstaltung der beiden Wirtschaftskammern mit den Wirtschaftsförderungsgesellschaften der Region Trier, der Initiative Region Trier sowie den regionalen Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken. Information und Anmeldung unter Telefon 0651-9777-505

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