Zeugin belastet Ex-HWK-Chef

Koblenz/Trier · Rund eine halbe Million Euro sind beim Trierer Beratungszentrum EIC zwischen 1997 und 2002 falsch abgerechnet worden. Das wir zurzeit vor Gericht verhandelt.

Koblenz/Trier Studium, Praktikum bei der EU und dann gleich eine leitende Stelle: Silke B. war Mitte 20, als sie 1989 die Leitung des damals frisch gegründeten Europa- und Innovationscentre in Trier übernahm. Das EIC sollte Industrie, Handel und Handwerk Hilfestellung geben für die Arbeit über die Ländergrenzen hinweg nach Luxemburg und Frankreich. Finanziert wurden die zahlreichen Beratungsprojekte von EU, Bund und Land. "Wie lief diese Projektabrechnung genau?", wollte Richter Thorsten Bonin am Montag von B. wissen. "Ich hatte ja noch keine eigene Erfahrung und habe die Abrechnungspraxis der Handwerkskammer übernommen", erklärt B.
Das EIC war von der Trierer Handwerkskammer und der Industrie- und Handelskammer als 100-prozentiger Tochter gegründet worden. Beide Kammern hatten Geschäftsführer für das EIC bestimmt. Für die HWK war das Josef A., der sich derzeit wegen Subventionsbetrugs bei der Handwerkskammer und dem EIC vor dem Koblenzer Landgericht verantworten muss (der TV berichtete mehrfach, siehe Extra).
Folgt man den Ausführungen von B., die das EIC 21 Jahre lang bis 2010 leitete, hatte A. als ihr weisungsbefugter Geschäftsführer folgende Devise ausgegeben: Die von den Fördergeldgebern bewilligte maximale Zuschusshöhe müsse vollständig ausgeschöpft werden - auch wenn sich die Projekte in der Praxis als weniger arbeitsaufwendig herausstellten als bei der Zuschussbeantragung angegeben. "A. legte Wert darauf, dass die Zuschüsse regelmäßig abgeschöpft werden - unabhängig von den wirklichen Projektkosten", sagte B. Ihr sei bewusst gewesen, dass das Betrug ist. "Aber ich hätte ohnehin gar keine Möglichkeit gehabt, die Zuschussanträge den tatsächlichen Projektkosten anzupassen, da die gesamte EIC-Buchführung von der Handwerkskammer erledigt wurde und ich keine Einblicke in die aktuellen Ausgabenhöhen hatte." Bei der Schlussabrechnung der häufig über mehrere Jahre laufenden Projekte konnte das EIC regelmäßig nicht so viele Arbeitsstunden nachweisen, wie es zuvor mit den Zuschussgebern abgerechnet hatte. "Es galt dann, dass ich nachträglich Mitarbeiter mit Arbeitsstunden für die Projekte eintrage, die diese gar nicht geleistet hatten", erklärt B.
Ein knappes Dutzend Projekte, die zwischen 1997 und 2007 vom EIC bearbeitet wurden, fragt Richter Bonin konkret ab. Bei allen räumt B ein, dass die Zuschussabrechnungen nicht mit den tatsächlichen Kosten übereingestimmt hätten. "Und die Anweisung, das Geld so abzurechnen, schreiben Sie dem Angeklagten zu?", will Bonin wissen. "Ja", sagt Zeugin B., und weiter: "Ich habe die beiden Geschäftsführer immer über die Probleme informiert. Aber es war völlig klar, dass die maximale Fördersumme abgerechnet werden sollte." Staatsanwalt Matthias Saal fragt die Zeugin, ob sie ihre Chefs nie direkt darauf angesprochen habe, dass die falschen Abrechnungen Subventionsbetrug und damit strafbar seien. "Nein, das habe ich nicht getan, der Druck, der durch die strenge Hierarchie der Geschäftsführung auf mir lastete, war zu groß." Der von der IHK damals zum EIC-Geschäftsführer bestimmte P. war gestern ebenfalls als Zeuge geladen. "Es war eine Räuberpistole, eine ganz unglaubliche Sache", räumte er den Subventionsbetrug am EIC ein - und auch, selbst gefälschte Zuschussabrechnungen unterschrieben zu haben. Triebfeder sei allerdings die EIC-Leiterin B. gewesen. Er selbst habe zwar Zweifel gehabt, von den Ausmaßen des Betrugs allerdings nichts gewusst. Dazu, wie weit der Angeklagte A. in den Betrug eingebunden war, machte P. nur ausweichende Angaben.
Auch der Rechtsanwalt des Angeklagten A. warf der Ex-EIC-Leiterin vor, selbst den Subventionsbetrug vorangetrieben zu haben. Schließlich habe sie zusätzlich zu ihrem Gehalt alleine zwischen 2002 und 2007 eine Erfolgsprämie von mehr als 28 000 Euro erhalten - und die sei abhängig gewesen von erfolgreicher Projektarbeit.ZWEI URTEILE AUS DEM JAHR 2015


Extra

(woc) Zeugin B. und Ex-IHK-Geschäftsführer P. waren wegen Subventionsbetrugs von rund 500 000 Euro am EIC bereits 2015 verurteilt worden: P. zu einer eineinhalbjährigen Bewährungsstrafe, B. zu einer Geldstrafe von 21 600 Euro. Gegen A. war der Prozess ausgesetzt worden, weil er sich zudem wegen weiterer Subventionsbetrugsvorwürfe in den Jahren 2002 bis 2007 verantworten muss.

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