Zur Privatperson degradiert

TRIER. Schlappe für CDU-Bezirks-Chef Peter Rauen: Der Bezirksvorstand Trier hat sich am Freitagabend mit großer Mehrheit für eine Spitzenkandidatur Christoph Böhrs bei der Landtagswahl 2006 ausgesprochen. Rauen hatte sich gemeinsam mit den zwei anderen rheinland-pfälzischen CDU-Bezirksvorsitzenden gegen Böhr und für die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse stark gemacht.

Am Ende saßen die beiden innerparteilichen Widersacher einträchtig an der Theke nebeneinander und tranken ein Pils. Willkommene Abkühlung nach zuvor hitziger Debatte. Dreieinhalb Stunden hatten sich CDU-Bezirkschef Peter Rauen (59), sein zehn Jahre jüngerer Parteikollege Michael Billen und andere Funktionäre zuvor teils heftige Rededuelle im Mertesdorfer Hotel Weis geliefert. Anlass des Disputs hinter verschlossenen Türen: der CDU-interne Streit um den Spitzenkandidaten für die nächste Landtagswahl in zwei Jahren. Der Zoff eskalierte Anfang des Monats nach einem Schreiben der drei rheinland-pfälzischen CDU-Bezirksvorsitzenden Peter Rauen (Trier), Joachim Hörster (Koblenz-Montabaur) und Kurt Lechner (Rheinhessen-Pfalz).Tenor des Briefs an alle Abgeordneten und Kreisvorsitzenden des Landes: Mit dem amtierenden Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr habe die CDU keine Chancen bei der 2006 anstehenden Landtagswahl (der TV berichtete mehrfach). Statt dessen möge die Partei die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse zur Herausforderin von SPD-Ministerpräsident Kurt Beck küren, heißt es in dem zweiseitigen Schreiben. Ärger gab's danach vor allem, weil etliche Funktionäre von dem Brief völlig überrascht wurden und CDU-Mann Böhr darin zum Verzicht auf die zuvor bereits erklärte Kandidatur aufgefordert wird. "Eine menschliche Sauerei und parteischädigend", polterte nicht nur der Kaschenbacher CDU-Landtagsabgeordnete Michael Billen. Ähnlicher Meinung war am Freitagabend auch eine breite Mehrheit im rund 30-köpfigen CDU-Bezirksvorstand. Wie Teilnehmer der nicht öffentlichen Sitzung anschließend berichteten, musste sich Rauen wegen seines eigenmächtigen Vorgehens einiges anhören. Offen zur Seite gesprungen seien ihm nur "eine Handvoll Getreue", darunter Böhr-Intimfeind Alexander Licht (Bernkastel-Wittlich), die Europaabgeordnete Christa Klaß (Osann-Monzel) und Trier-Saarburgs CDU-Kreisvorsitzender Günther Schartz. "1988 darf sich nicht wiederholen"

Deren prominenteste Gegenspieler - die Bundes- und Landtagsabgeordneten Bernhard Kaster, Herbert Schneiders (Daun), Dieter Schmitt (Fisch) und Michael Billen sowie Triers CDU-Chef Ulrich Holkenbrink - setzten sich am Ende durch. "Das Meinungsbild hat eine deutliche Mehrheit für Christoph Böhr ergeben", bilanzierte Rauen am Sonntag zähneknirschend im Gespräch mit unserer Zeitung das Krisentreffen. An seiner Ansicht habe sich aber nichts geändert: "So lange, wie die Hälfte der CDU-Mitglieder sagt, mit Christoph Böhr können wir keine Wahl gewinnen, gewinnen wir mit Christoph Böhr auch keine Wahl." "Wir brauchen ein politisches Schwergewicht mit Profil. Und das ist bei Böhr unbestritten der Fall", kontert der Trierer Parlamentarier Bernhard Kaster. Rauen könne bei der Kandidatensuche in Zukunft noch als Bundestagsabgeordneter oder Privatperson agieren, aber nicht mehr als Bezirksvorsitzender, resümierte Kaster die Mertesdorfer Sitzung. Genau eine Woche haben die Böhr-Gegner im Land jetzt noch Zeit, einen anderen Spitzenkandidaten aufs Schild zu heben. Am Tag darauf wird sich auch der CDU-Bezirksvorstand Trier noch einmal mit der Kandidatenkür befassen. Ein Kurswechsel ist dabei nicht zu erwarten, "die Entscheidung pro Böhr steht", sagen Vorstandsmitglieder. Letztendlich stimmt ein CDU-Sonderparteitag Mitte November über den Beck-Herausforderer ab. Dass der jetzige Zoff Auswirkungen auf den Landtagswahlkampf haben könnte, glauben weder Rauen noch Kaster: "Nach der Entscheidung ziehen wir geschlossen in den Wahlkampf." Über diese Ankündigung dürfte sich besonders der CDU-Bezirksehrenvorsitzende Carl-Ludwig Wagner freuen. In Mertesdorf hatte der Ex-Ministerpräsident mahnend den Zeigefinger gehoben. Zustände wie beim Sturz Bernhard Vogels vor 16 Jahren dürften sich nicht wiederholen.

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