Zwei letzte Chancen

OLZHEIM/TRIER. Die "Porsche-Akte" von Olzheim bleibt geöffnet. Kurz bevor Freitagnacht die Verjährung im Verfahren gegen den Phantom-Fahrer eintrat, hat die Staatsanwaltschaft Trier das letzte Register gezogen. Zwei Hinweisen soll noch nachgegangen werden, wenngleich es sich nicht um "heiße Spuren" handelt.

Donnerstag, 18. September, 11 Uhr, Polizeiinspektion Prüm: Gerhard Kauth hat heute eigentlich frei. Trotzdem muss er arbeiten, denn die Zeit drängt. Um 0 Uhr verjährt das Verfahren gegen den skrupellosen Porsche-Fahrer, der am 19. September 1998 auf der B 51 bei Olzheim einen grässlichen Verkehrsunfall mit drei Todesopfern provozierte. "Die meisten Hinweise sind erledigt", sagt der Soko-Chef, und trotzdem liegt sein Schreibtisch noch voller Akten, handschriftlicher Notizen und E-Mails. Nach den letzten Medien-Berichten gibt es immerhin noch rund 20 Meldungen, denen nachgegangen werden muss. Wie diese: Ein Mann hat berichtet, er habe am Tag des Unfalls in Stuttgart seinen Nachbarn völlig aufgelöst ankommen sehen. Außerdem sei der Spiegel seines Porsche beschädigt gewesen, habe nur noch an einem Draht gebaumelt. "Das kann so nicht gewesen sein", sagt Gerhard Kauth und blättert in den Akten. Und während er blättert, sagt er zum x-ten Mal, dass man doch damals alle Porsche-Fahrer bundesweit und darüber hinaus auf ein Alibi hin überprüft habe. Und dann landet der suchende Finger auch schon an der richtigen Stelle: "Da habe ich ihn ja. Der war zur Unfallzeit am Gardasee. Die Hotel-Rechnung liegt vor."Ohne Ermittlungs-Erfolg wird die Akte geschlossen

Fahnder Kauth greift nach dem nächsten Vorgang: Eine Frau hat mitgeteilt, dass sie Bekannte mit Bezug zur Eifel in Berlin hat. Sie fahren einen Porsche, dessen Kennzeichen "ein S in der Mitte" hat. Der Soko-Chef greift zum Telefonhörer: "Was können Sie mir noch erzählen? Haben die Leute damals schon einen Porsche gefahren? Silbergrau?" Doch auch diese Spur verläuft im Sand, keine griffigen Hinweise. "Vieles ist ohnehin aus der Luft gegriffen, viele wollen einfach nur denunzieren", sagt Kauth und hält einen Zettel hoch, dessen Verfasser meint, der Unfallfahrer sei der "älteste Sohn des Bischofs" - zu den Akten. Trotzdem gibt der Ermittler nicht auf. Schnell noch ein Anruf zu Hause ("Komme nicht zum Essen"), dann ein Telefonat mit einem Stuttgarter Kollegen, "Hast du mein Fax bekommen? Ja, ja, alles sehr vage." Besonderes Augenmerk widmet Polizeihauptkommissar Kauth derweil einer weiteren Spur, die in den Stuttgarter Raum führt. Dort soll es zum fraglichen Zeitpunkt einen Porsche-Fahrer gegeben haben, der bekannt dafür war, einen heißen Reifen zu fahren. Doch während der beteuert, nie Porsche gefahren zu sein, behauptet eine Frau: "Das ist gelogen!" Also wieder anrufen und die üblichen Fragen stellen: Welches Kennzeichen, welche Farbe, war das Auto beschädigt und wenn ja, wo? Und wieder blättert Gerhard Kauth in den Akten, mit dem nächsten Hinweis in der Hand und einer Variante, die ebenfalls kaum Aussicht darauf hat, in die Kategorie "Heiße Spur" eingeordnet zu werden. "Manchmal ist es schon frustrierend, wenn man weiß, dass es wieder nichts ist", sagt der Fahnder. Aber: "Mann muss der Sache nachgehen, sonst ist man auch nicht beruhigt." Das trifft offenkundig auch für die Staatsanwaltschaft Trier zu. Denn zwei weitere Hinweise, die auf den letzten Drücker noch herein kamen, nimmt die Behörde so ernst, dass sie die Verjährung unterbricht. Das bedeutet nach den Worten des Leitenden Oberstaatsanwalts Horst Roos, dass die Polizei ausschließlich diesen beiden Hinweisen nachgehen kann. Für den Fall, dass sich das Porsche-Phantom nicht darunter befindet, wird die Akte endgültig geschlossen. Roos, nicht ohne Sarkasmus in der Stimme: "Dann kann der Unbekannte sich freuen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort