Zwischen Büffeln und Wieseln

TRIER. Im Stil eines versierten PR-Unternehmens betreibt die Bundeswehr Nachwuchswerbung und Image-Pflege in eigener Sache. Zum Beispiel mit der Ausstellung "Unser Heer", die im Trierer Messepark gastierte.

 Ausstellung "Unser Heer": Job-Beratung am Geschütz.Foto: Hans Krämer

Ausstellung "Unser Heer": Job-Beratung am Geschütz.Foto: Hans Krämer

Der Menschenauflauf am Viehmarkt ist unübersehbar. "Kuck mal Opa, wie geil", ruft ein sichtlich entzückter Drittklässler. "Ach, was für ein knuffiges Kerlchen", freut sich auch der Großvater. Das "knuffige Kerlchen" ist der Waffenträger "Wiesel", ein Panzer im Westentaschen-Format. Seit Tagen fährt er Werbung für die Bundeswehr-Ausstellung in den Moselauen, und wo er im Straßenbild auftaucht, ist er von Zuschauern umlagert. Die fröhliche Besatzung verteilt Prospekte, die wie Open-Air-Konzertwerbung aussehen. Mancher Passant streichelt vorsichtig über die Panzerung, wie bei einem exotischen, aber zutraulich wirkenden Tier. Auf dem Messegelände stehen noch mehr der possierlichen Exemplare. Das wendige "Ozelot", der starke "Büffel", der schnelle "Luchs": Militärs haben offenkundig einen Hang zum Zoologischen. "Das ist die Zukunft der Bundeswehr", sagt Hauptmann Thomas Huber und deutet auf einen der Zwerg-Panzer. Der Bayer Huber, Diplom-Pädagoge, ist Presse-Chef der Ausstellung, aber er ist auch gelernter Panzer-Offizier - man hört die Begeisterung heraus. Ganz zufrieden ist er an diesem Eröffnungsmorgen freilich nicht. Zehn Schulklassen verlieren sich auf dem riesigen Gelände. "Kaum lassen die Lehrer sie laufen, sitzen sie bei McDonalds", sagt er, aber es klingt eher amüsiert als verärgert. Derweil müht sich Berufsberater Werner Kolodziej, die anwesenden Teenies im Stil eines abgeklärten Privatfunk-Moderators in Stimmung zu bringen. Als Hauptattraktion winken drei Rundfahrten besonderer Art. "Jetzt geht sie ab, die Lutzi-Putzi", animiert der Oberstandfeldwebel. Ach ja. "Lutzi-Putzi", das ist der Spähpanzer Luchs, auf dem einige Schüler unter Gejohle ihrer Klassenkameraden Runden drehen dürfen. Kolodziej ist 52, seit 33 Jahren beim Bund. Dass die Bundeswehr dereinst mit Show-Programmen um Nachwuchs und Ansehen werben würde, hat er sich damals sicher nicht träumen lassen. "Wir wollen gute Leute, und die Konkurrenz ist groß", sagt Hauptmann Huber. Anno 2003 ist von Vaterlandsverteidigung und moralischem Auftrag kaum mehr die Rede, um so mehr von Berufsqualifikation und Aufstiegschancen. Die Bundeswehr wird als moderner Dienstleister betrachtet, nicht mehr als "Schule der Nation". Das führt zur Entkrampfung auf allen Seiten. Vor dem Zelt der Artillerie diskutieren seelenruhig ein Soldat und ein jugendlicher Skeptiker. Die Argumente sind nicht neu, aber neu ist die Gelassenheit, mit der sie ausgetauscht werden. "Wir stellen uns jeder Diskussion", sagt der Presseoffizier, aber im beschaulichen Trier ist bislang kein Streit in Sicht. Gegenüber, am Stand der Reservistenkameradschaft, erkundigt sich unterdessen ein älterer Mann nach Mitbringseln für seine Enkel, die er "für die Bundeswehr begeistern" wolle. Man gibt ihm Fähnchen mit und ein Poster, das einen Leopard im Sprung zeigt. Ein paar Meter weiter steht ein Schilderbaum mit Städtenamen und Kilometer-Angaben. "Mo-ga-di-schu 5339 Kilometer", buchstabiert einer der Schüler, "nie gehört." "Egal wo es ist, da ich will auf jeden Fall nicht hin", antwortet sein Klassenkamerad - und bringt damit die Rekrutierungsprobleme der Bundeswehr im Zeitalter wachsender Auslands-Einsätze ungewollt auf den Punkt. Dann zuckt er erschreckt zusammen, als zu Disco-mäßigen Robbie-Williams-Klängen eine riesige "Panzerhaubitze 2000" auf den Platz rollt und lautstark die Festigkeit des Pflasters auf dem Ausstellungsgelände testet. Im Info-Zelt bietet sich inzwischen ein symbolträchtiges Bild: Schüler verweilen fasziniert vor der großen Video-Leinwand, wo Provo-Schock-Rocker Marilyn Manson sein grelles Unwesen treibt - flankiert von zwei Bundeswehr-Emblemen mit dem schwarz-rot-gold unterlegten "Eisernen Kreuz".

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