Zwischen Stress und Glücksgefühl

TRIER. Das erste Kind mit 38 Jahren, das zweite mit 42. Inzwischen ist das normal in Deutschland, und Mütter werden, wenn sie ihre Sprösslinge vom Kindergarten abholen, nicht mehr für Omas gehalten. Erst Job, dann Familie, lautet das Motto. Doch die Umstellung ist nach 20 Berufsjahren erheblich. Beate Schaeidt, 44, erzählt von ihren Erfahrungen.

"Der Kinderwunsch war schon immer da", sagt Beate Schaeidt, "ich hätte mir ein Leben ohne Kinder nicht vorstellen können." Dass es trotzdem gedauert hat, bis sie 38 Jahre alt war, lag auch an ihrem Ehemann. "Als wir uns kennen gelernt haben, war ich 30 Jahre und er hatte schon einen 15-jährigen Sohn. Für ihn war das Thema sozusagen ‘durch', denn er hatte alles bereits erlebt." Erst acht Jahre später konnte sie ihren Mann von ihrem größten Wunsch überzeugen. "Wir sind beide selbstständig und haben uns lange überlegt, was Kinder für unser Leben bedeuten", erinnert sich die 44-Jährige. Zusammen haben sie in Trier eine Firma, die Personaltraining anbietet. Aber jedes Überlegen sei schließlich darauf hinausgelaufen, dass der Traum so groß wurde, dass sie dafür (fast) alles getan hätte, sagt sie schmunzelnd. 1997 kam Sohn David auf die Welt. Die Schwangerschaft verlief trotz ihres "fortgeschrittenen" Alters problemlos. "Ich hatte einen sehr netten Professor, der hat einfach ein Metermaß genommen und meinen Bauch gemessen", lacht sie. Auch die Wassergeburt war unkompliziert. "Mir ist damals klar geworden, wie wichtig die mentale Verfassung doch ist." Ihr Mann war ebenfalls überglücklich. Bei der Geburt von Tochter Selina war Beate Schaeidt 42 Jahre. "Meine Mutter hat sich zuerst erschrocken, weil ich schon so alt war, aber es ging wieder alles reibungslos." Beruflich waren die ersten Monate der absolute Stress. "Ich hatte den Anspruch, nach einem halben Jahr wieder meine Seminare zu machen und bin in den Pausen mit der Milchpumpe rumgerannt", sagt sie kopfschüttelnd. "Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht praktikabel ist." Heute hat sich die Familie ein Netz aus Kinderfrau, Großeltern und Babysitter geschaffen. "Es erfüllt mich mit großem Glück, dass ich eine Arbeit habe, die mir unglaublich viel Spaß macht und gleichzeitig weiß, dass es meinen Kindern wirklich gut geht. Viele Frauen trauen sich nicht, in ihren Augen so egoistisch zu sein, weil sie denken, sie wären dann schlechte Mütter. Die Folge ist aber nur Frust." Heute blickt Beate voller Liebe zurück und bereut es keinen Moment, die Strapazen so spät noch auf sich genommen zu haben. "Viele junge Mütter, die ihr erstes Kind zum Beispiel im Studium bekommen haben, haben mit 25 das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Das kenne ich nicht", beschreibt sie ihre Gefühle. "Mich berauscht es nicht mehr wie früher, mit dem Flieger nach Salzburg zu jetten. Das ist zweimal im Jahr toll, aber ich habe heute viele Momente mit meinen Kindern, die mir viel kostbarer sind." Den großen Vorteil älterer Mütter fasst sie mit diesen Worten zusammen: "Ich bin gelassener und kann mehr beobachten und genießen, ohne immer sofort einzusteigen".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort