Afghanistan vollzieht ersten demokratischen Machtwechsel

Kabul · Der Mut von Millionen Afghanen wird doch noch belohnt. Sie haben den Todesdrohungen der Taliban getrotzt und sind wählen gegangen. Nach erbittertem Streit über das Wahlergebnis schreibt Afghanistan jetzt Geschichte.

Kabul. Nach monatelangem Streit um die Nachfolge von Hamid Karsai wird der ehemalige Finanzminister Aschraf Ghani neuer Präsident in Afghanistan. Knapp 13 Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes steht Afghanistan damit vor dem ersten demokratischen Machtwechsel seiner Geschichte.
Die Wahlkommission (IEC) erklärte am Sonntag in Kabul den früheren Weltbank-Experten Ghani zum künftigen Präsidenten. Sein Kontrahent bei der Stichwahl von Mitte Juni, Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, wird eine Art Ministerpräsident in einer gemeinsamen Einheitsregierung. Damit endet die Wahlkrise, die Afghanistan destabilisiert hat.
Die Entscheidung ist auch für die Nato von großer Bedeutung. Der geplante Folgeeinsatz zur Ausbildung und Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte hängt bis zur Amtseinführung eines neuen Präsidenten in der Schwebe. Der internationale Kampfeinsatz in Afghanistan läuft zum Jahresende aus. In den vergangenen Monaten haben Angriffe der Taliban wieder deutlich zugenommen. Sowohl Ghani als auch Abdullah hatten zugesagt, im Falle eines Wahlsieges die Abkommen mit den USA und der Nato zu unterzeichnen. Diese bilden dann die Grundlage für den Nato-Nachfolgeeinsatz.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen rief den künftigen Präsidenten dazu auf, die Abkommen "baldmöglichst" zu unterzeichnen.
Der Chef der Wahlkommission, Jusuf Nuristani, machte am Sonntag keine Angaben zum Wahlergebnis. Er vermied ebenfalls, einen Wahlsieger zu erklären. Nuristani folgte damit Forderungen Abdullahs, der die Wahl offenkundig verloren hat.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der vor zwei Wochen noch in Kabul war, sagte am Sonntag: "Heute ist ein guter Tag für Afghanistan."

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