Angebliche Vergewaltigung in Berlin: Lawrow fordert Aufklärung

Moskau · Auf der Jahrespressekonferenz des Außenministeriums erhob Russlands Außenminister Sergej Lawrow schwere Vorwürfe gegen Deutschland. Ausführlich ging der Außenminister auf den Fall des 13-jährigen russischstämmigen Mädchens Lisa F. ein, das vor zwei Wochen angeblich von Migranten in Berlin vergewaltigt worden sein sollte.

Vor allem russische Fernsehsender berichteten über den Fall. Demnach sei das Mädchen 30 Stunden lang als "Sexsklavin" festgehalten und missbraucht worden. Verwandte hatten Vermisstenanzeige erstattet. Der Fall ist vom Berliner LKA längst aufgeklärt worden. Die russische Horrordarstellung erwies sich weitestgehend als ein Produkt der Fantasie.

Dennoch hielt Lawrow den deutschen Behörden vor, "die Wirklichkeit aus innenpolitischen Beweggründen politisch korrekt zu übertünchen". Die 13jährige sei "sicher nicht 30 Stunden freiwillig verschwunden gewesen", sagte der Außenminister. Berlin müsse dafür sorgen," dass sich solche Fälle wie mit unserer Lisa nicht wiederholen".

Auch nach Klärung durch das Berliner LKA, das weder Entführung noch Vergewaltigung bestätigen konnte, hält das Moskauer Außenamt an der ursprünglichen Version fest.

Auch Moskaus staatliche TV-Sender verbreiten weiterhin die Falschmeldung, die ein russischer Korrespondent einer rechtslastigen Website aus der russlanddeutschen Szene entnommen hatte. Am Samstag widmete Russlands Erster Kanal (pervy kanal) fünf Minuten der Hauptnachrichtensendung einer Demonstration vor dem Bundeskanzleramt. Dort protestierten vor allem russischsprachige Bürger gegen vermeintliche sexuelle Gewalt aus Migrantenkreisen. Der russische TV-Bericht verbreitete erneut die alte Version.

Die Proteste belegen gleichwohl, dass auch bei früheren Integrationsbemühungen viele Fehler begangen wurden. Die russischsprachige Diaspora ist gegen Infiltration von deutscher Seite immun. Sie bezieht ihr Wissen vornehmlich aus russischen Quellen.

Verbreitung von Falschmeldungen und bewusste Fehlinterpretationen haben unterdessen System. Sie verfolgen das Ziel, Deutschland und die EU zu destabilisieren. Seit zwei Jahren bastelt der Kreml an einer antieuropäischen "Internationalen der Reaktion". So ist es auch kein Zufall, dass sich im Umfeld der Proteste viele Parteigänger von Pegida und Anhänger der NPD tummeln. Sie werden vom Kreml hofiert.

Im Rückgriff auf die Intervention in der Ukraine hatte der Kremlchef in einem Interview mit der Bild-Zeitung kürzlich davon gesprochen, dass ihm an Menschen nichts an Grenzen gelegen sei. Russische Beobachter zogen daraus den Schluss, dass Internationales Recht und Grenzverläufe den russischen Präsidenten nicht aufhalten können, wenn er denn russische Stimmen aus der Ferne vernimmt.

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