Augenzeugen berichten von Horror-Absturz in Frankreich - Flugschreiber laut Medienberichten gefunden

Paris · Eine Germanwings-Maschine mit 150 Menschen an Bord ist am Dienstag in den französischen Alpen abgestürzt. Das Gebiet ist nicht mit dem Auto zu erreichen und nur für Bergsteiger und Hubschrauber zugänglich. Unter den Todesopfern waren nach ersten Erkenntnissen des rheinland-pfälzischen Innenministeriums wahrscheinlich auch Rheinland-Pfälzer.

Um 10.47 Uhr empfing der Kontrollturm von Aix-en-Provence am Dienstag die letzte Nachricht von der Germanwings-Maschine, die mit 150 Menschen an Bord von Barcelona nach Düsseldorf unterwegs war. Ob es ein Notruf war, den der Airbus A320 absetzte, oder ob der Kontrollturm das Flugzeug in einer Notlage sah, war zunächst nicht klar. Auf alle Fälle sei der Flug 4U 9525 in einer "unnormalen Situation" gewesen, sagte Verkehrsminister Alain Vidalies. Denn das Flugzeug verlor rapide an Flughöhe und sackte von 11.000 Metern auf 2000 Meter ab.

Damit war die Katastrophe vorprogrammiert, denn in der Bergregion, in der das Flugzeug verunglückte, sind viele Gipfel über 2000 Meter hoch. Die Maschine mit vermutlich 67 deutschen Passagieren zerschellte bei relativ guten Wetterbedingungen an einem der Berge. Überlebt habe das Unglück niemand, zerstreute Vidalies schnell alle Hoffnungen. In knapp 2000 Metern Höhe liegt die Absturzstelle im Massiv "Trois Evêchés" in einer Gletscherregion, die nur erfahrenen Bergsteigern zugänglich ist. Mit dem Auto ist das Gebiet nicht zu erreichen.

Ein Hubschrauber konnte am Nachmittag dort landen, ohne dass zunächst Überlebende gefunden wurden. "Ich war im Sessellift, als ich ein ganz lautes Geräusch einer Flugzeugturbine gehört habe", berichtet ein Augenzeuge im Fernsehen. Ein weiterer Augenzeuge berichtete von einem Flugzeug, das extrem niedrig flog. Warum die Maschine mit 144 Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern massiv an Flughöhe verlor, ist unklar. "Keine Hypothese wird ausgeschlossen", sagte der französische Premierminister Manuel Valls. Über zwei Quadratkilometer sollen die Trümmerteile verteilt sein, von denen die ersten bereits auf dem Gelände der Gemeinde Barcelonnette gefunden wurden. In wochenlanger Kleinarbeit muss nun die Absturzursache geklärt werden.

Am späten Nachmittag wurde nach französischen Medienberichten einer der Flugschreiber der Unglücksmaschine gefunden. Das meldeten „Le Figaro“ und „Le Monde“ unter Berufung auf den französischen Innenminister Bernard Cazeneuve. Die Auswertung des Flugschreibers soll Aufschluss über die Absturzursache geben.

In Seyne-les-Alpes, rund 30 Kilometer westlich, wurde am Dienstag ein Krisenstab eingesetzt, den am Nachmittag Innenminister Bernard Cazeneuve zusammen mit der deutschen Botschafterin Susanne Wasum-Rainer besuchte. Von dort aus starteten auch Hubschrauber und Rettungswagen Richtung Absturzstelle. In die Gemeinde mit ihren 1400 Einwohnern, die rund zehn Kilometer von der Absturzstelle entfernt liegt, sollen später auch die Leichen gebracht werden, die geborgen werden. Doch das könne mehrere Tage dauern, teilte die Gendarmerie mit. Wie lange die Bergung dauert, hängt auch vom Wetter ab, das am Mittwoch die Arbeiten der Rettungsteams schwierig machen könnte.

"Das ist eine Tragödie", bemerkte der französische Präsident Francois Hollande tief betroffen, der nach den ersten Unglücksmeldungen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonierte. Merkel und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) wurden am Mittwoch in der Absturzregion erwartet. Auch Hollande stellte am Dienstag sein Programm um. Statt zusammen mit dem spanischen Königspaar die Ausstellung des Malers Diego Velázquez im Pariser Grand Palais einzuweihen, besuchte er zusammen mit Felipe VI. und dessen Frau Letizia das Krisenzentrum im Innenministerium. Die spanischen Monarchen kürzten ihren Staatsbesuch ab und strichen das eigentlich vorgesehene Programm.

Für Frankreich handelt es sich um das schwerste Flugzeugunglück seit mehr als 40 Jahren. 1974 war eine Maschine der Turkish Airlines in der Oise, nördlich von Paris, verunglückt. Damals starben 346 Menschen. Unvergessen ist im August 2000 der Absturz des Überschallflugzeugs Concorde kurz nach dem Start in Paris, bei dem 113 Menschen ums Leben kamen.

Extra



Was speichert eine Blackbox und wie kann sie helfen?
Ein Flugdatenschreiber (Flight Data Recorder) und ein Stimmenrekorder (Voice Recorder) helfen nach einem Flugzeugabsturz bei der Rekonstruktion des Unfallhergangs - und bestenfalls beim Versuch, weitere Unfälle zu verhindern.

Wie sehen Flugdatenschreiber aus?
Die Flugdatenschreiber - häufig in der Signalfarbe grell-orange - werden umgangssprachlich Blackbox genannt. Das von dem Australier David Warren entwickelte Gerät wird seit Mitte der 1950er Jahre serienmäßig in Flugzeuge eingebaut. Die meist im Heck der Maschine untergebrachten Stahlkästen sind etwas größer als ein Schuhkarton und wiegen je nach Hersteller vier bis fünf Kilogramm. Das Gehäuse übersteht Abstürze aus großer Höhe und ist absolut wasserdicht. Es kann hohem Wasserdruck und bis zu einer halben Stunde lang Temperaturen von bis zu 1100 Grad Celsius widerstehen.

Welche Daten speichert die Blackbox?
Das Gerät zeichnet auf allen Flügen relevante Daten wie Kurs, Geschwindigkeit, Flughöhe oder Neigungswinkel der Maschine auf. Durch das Speichern von GPS-Daten gibt es zudem Auskunft über den genauen Ort eines Unglücks - auch wenn die Trümmer später weit verstreut sind. Auf einem Stimmenrekorder sind Tonaufnahmen der Gespräche von Pilot und Co-Pilot sowie weitere Geräuschen im Cockpit gespeichert.

Welchen Zeitraum umfassen die Daten?
Der Flugdatenschreiber kann 25 Stunden lang aufzeichnen, auch Informationen des vorletzten Flugs sind darum meist noch erhalten. Neuere Modelle des Stimmenrekorders speichern einen Zeitraum von zwei Stunden, früher waren es etwa 30 Minuten. Wichtig für die Ortung nach einem Absturz im Meer: Die Box kann etwa einen Monat lang Positionsangaben senden, dann ist die Batterie des Signalgebers leer. (dpa)

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