Ausländer stützen die Sozialkassen

Berlin · Zuwanderer sind ein Gewinn für Deutschland, keine Belastung. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt, dass Ausländer mehr Steuern und Sozialabgaben zahlen, als sie an staatlichen Leistungen erhalten.

 Nicht nur in der Baubranche sind Zuwanderer ein Gewinn. Durch ihre Steuern und Sozialabgaben entlasten sie den Staat. Foto: dpa

Nicht nur in der Baubranche sind Zuwanderer ein Gewinn. Durch ihre Steuern und Sozialabgaben entlasten sie den Staat. Foto: dpa

Berlin. Viele Kommunen stöhnen unter den Belastungen der Flüchtlingsströme, die aus Konfliktregionen wie Syrien oder dem Irak nach Deutschland kommen. Auch der Streit über Sozialleistungen für EU-Ausländer hat die Gemüter erhitzt. Nach einer Umfrage der Bertelsmann-Stiftung sind dann auch zwei von drei Bundesbürgern der Auffassung, dass Zuwanderer die Sozialsysteme strapazieren.
Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Stiftung jetzt in einer Studie festgestellt hat. Demnach sorgen zumindest die schon hier lebenden 6,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass sogar für ein deutliches Plus in den Sozialkassen.
Der Studie zufolge zahlt jeder Ausländer pro Jahr im Schnitt 3300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben, als er an staatlichen Leistungen erhält. Im Jahr 2012 kamen dadurch Überschüsse von insgesamt 22 Milliarden Euro zustande. Zwar stimmt es, dass die Arbeitslosenrate unter den Zuwanderern etwa drei Mal so hoch ist wie unter den Deutschstämmigen. Allerdings sind die Ausländer jünger als die deutsche Bevölkerung und damit auch stärker im erwerbsfähigen Alter, was den Nachteil relativiert. Unter den Deutschen kommen knapp 60 Prozent auf einen positiven Saldo zwischen selbst gezahlten Steuern und staatlich erhaltenen Transfers. Bei den Zuwanderern sind es rund 67 Prozent. "Die heute in Deutschland lebenden Ausländer sind also keine Belastung für den deutschen Sozialstaat", erklärte ZEW-Studienautor Holger Bonin. Vielmehr trügen sie zu seiner Stabilisierung bei.
Damit das so bleibt, muss sich nach Einschätzung von Bonin allerdings auch das Bildungs- und Qualifikationsniveau der Einwanderer deutlich erhöhen. Bereits vor zehn Jahren war den deutschen Sozialkassen ein Überschuss von 2000 Euro pro hier lebendem Ausländer geblieben. Der zwischenzeitlich erfolgte Zuwachs wird in der Studie insbesondere mit der günstigen Entwicklung am Arbeitsmarkt erklärt. Dort sind allerdings immer stärker Facharbeiter gefragt. Menschen mit niedrigen oder gar keinen Bildungsabschlüssen haben immer schlechtere Karten. Hätten alle Nachkommen der Gastarbeiter-Generation lediglich die gleiche Qualifizierung wie ihre Eltern vorzuweisen, würden sich laut Studie sogar negative Effekte für die Sozialkassen ergeben. Der Saldo ist demnach erst dann positiv, wenn mindestens 30 Prozent der ausländischen Neugeborenen das gleiche Bildungsniveau erreichten wie die Deutschen und dadurch im Job auch besser verdienten. Nach einer Modellrechnung könnte jeder deutsche Bürger sogar um 400 Euro fiskalisch entlastet werden, wenn künftig etwa 200 000 Zuwanderer pro Jahr nach Deutschland kämen und knapp jeder dritte von ihnen über eine hohe sowie jeder zweite über eine mittlere Qualifizierung verfügen würde.
Zumindest im Augenblick ist das nicht unrealistisch. Denn durch die Krise in den südeuropäischen Ländern sind viele gut ausgebildete Arbeitskräfte nach Deutschland gekommen. "Das wird aber nicht auf Dauer so bleiben", meinte der Stiftungsvorstand Jörg Dräger. Als Konsequenz plädieren die Verfasser der Studie deshalb für eine Neuausrichtung der Migrationspolitik, um ausländische Fachkräfte aktiv anzuwerben. Auch Flüchtlinge, die auf absehbare Zeit nicht in ihre Heimat zurückkehren könnten, sollten schneller in den Arbeitsmarkt integriert werden, so die Empfehlung. An dieser Stelle gibt es allerdings schon politische Bewegung. Im Rahmen des kürzlich beschlossenen Asylkompromisses wurde die Arbeitsaufnahme für Flüchtlinge erleichtert.

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