Beim Thema Nürburgring fliegen die Fetzen: Rot-Grün über Attacken von CDU-Fraktionsvize Licht erzürnt

Mainz · Nach Ansicht der CDU-Opposition hat die Landesregierung Einfluss auf den Verkauf des insolventen Nürburgrings genommen und dabei versagt, wodurch ein russischer Oligarch als Investor erst möglich geworden sei. SPD und Grüne weisen das als "Unterstellung" und "Frechheit" scharf zurück.

An manchen Tagen rumort es im Landtag kräftig. Das ist vor allem dann der Fall, wenn es um den Nürburgring geht. Gestern war wieder so ein Tag, an dem die Fetzen flogen. Auslöser waren Attacken von CDU-Fraktionsvize Alexander Licht, die heftige Gegenangriffe provozierten.
Nach Auskunft von Staatskanzleichef Clemens Hoch auf entsprechende CDU-Fragen hat es im Vorfeld des Ring-Verkaufs "Kennenlerngespräche" von ihm und Ministerpräsidentin Malu Dreyer (beide SPD) mit den Bietern Capricorn und HIG gegeben. Hoch listet alle Gespräche akribisch auf, soweit sie noch nachvollziehbar waren. Er legt auch dar, dass am vergangenen Montag Ministerialdirektor Randolf Stich vom Innenministerium gemeinsam mit dem CDU-Landrat aus Ahrweiler und dem CDU-Bürgermeister aus Adenau den russischen Investor Viktor Charitonin getroffen hätten.
Laut Hoch hatten die Bieter um die Gespräche gebeten. Es sei der Landesregierung darum gegangen, "einen persönlichen Eindruck von ihnen zu gewinnen". Es seien keine Ergebnisse oder Arbeitsaufträge daraus erwachsen. Doch es sei auch um wichtige Fragestellungen gegangen, mit denen die Landesregierung immer wieder konfrontiert werde.
Erste Frage: Musste der Ring wirklich privatisiert werden? Hoch: "Ja, das hat die EU-Kommission verlangt." Zweite Frage: Hätten die Rennstrecken aus der Verkaufsmasse herausgelöst werden können? Hoch: "Nein, die EU hat gefordert, dass alles komplett verkauft werden muss." Dritte Frage: Hätten die Rennstrecken in eine Stiftung überführt werden können? Hoch: "Laut EU ja - wenn eine Stiftung als Bieter aufgetreten wäre und den höchsten Preis geboten hätte." Das sei jedoch nicht der Fall gewesen.
Fazit des Staatskanzleichefs: "Es gilt uneingeschränkt: Die Landesregierung hat keinen Einfluss auf den Verkaufsprozess genommen." Sie habe "in dieser Sache nichts zu verbergen".Vorwurf: Bewusste Täuschung


Das sieht CDU-Fraktionsvize Alexander Licht ganz anders. Ein Täuschungsmanöver reihe sich ans nächste. Die Landesregierung habe "bewusst und systematisch mit ihr genehmen Käufern Gespräche geführt". Eine Stiftung sei nie erwünscht gewesen.
Die Staatskanzlei und die Ministerien hätten sich eingemischt, um dem Mittelständler Capricorn zum Erfolg zu verhelfen. Licht: "Steckte schon damals hinter Capricorn mehr?" Jedenfalls sei, als die Firma nicht mehr zahlungsfähig war, "durch die Hintertür ein russischer Oligarch eingetreten". Diesen habe niemand haben wollen, und die Ministerpräsidentin habe "ihr Versprechen gebrochen".
Lichts Attacken erzürnen die Regierungsfraktionen. Carsten Pörksen (SPD) wettert: "Wo die Argumente ausgehen, werden Frechheiten geäußert!" An Kennenlerngesprächen sei nichts anstößig, sie seien sogar notwendig.
Der einzige Beweggrund der CDU sei, die Ministerpräsidentin zu diffamieren. Deshalb werde "mit Dreck geworfen". Dieses Muster sei bereits beim Flughafen Hahn, beim 1. FC Kaiserslautern und beim Schlosshotel Bad Bergzabern erkennbar gewesen. "Damit werden Sie nicht durchkommen, der Wähler wird das erkennen", sagt Pörksen.
Nils Wiechmann (Grüne) schimpft erregt, die CDU lanciere Behauptungen. Einige Äußerungen Lichts seien sogar außerhalb des Parlaments durchaus strafrechtlich relevant. "Das ist unverantwortliches Harakiri und an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten!" Wiechmann süffisant: "Ich hätte mir gewünscht, die Alexander-Licht-Stiftung steigt groß ein." Die CDU sei aber eine "Dagegenpartei ohne Konzepte". Bei der Frage, welche Konsequenzen zu ziehen seien, damit sich die Fehler nicht wiederholten - "glatte Fehlanzeige CDU".
Auch Staatskanzleichef Hoch weist die Vorwürfe zurück. Die Behauptung, das Land habe keine Stiftungslösung gewollt, sei "falsch und nicht belegbar". Die Idee sei vom Trierer Insolvenzverwalter Thomas B. Schmidt gekommen. Hoch betont: "Wir wussten bis zuletzt nicht, was der Gläubigerausschuss entscheidet und welche Gebote vorliegen."
Eben dieser Ausschuss hatte am 11. März Capricorn den Zuschlag erteilt. Dessen Anteile hat vor wenigen Wochen die NR Holding AG um den russischen Investor Charitonin erworben.

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