Bitburger Priester Stefan Hippler: Mandela war Glücksfall der Geschichte

Kapstadt · Der aus Bitburg stammende Priester Stefan Hippler lebt seit 16 Jahren in Südafrika, kümmert sich dort um mehrere Aids-Projekte. Er kennt das Land, und er hat Nelson Mandela gekannt. Unser Redakteur Rolf Seydewitz sprach mit ihm über Südafrikas Nationalhelden.

 Begegnung mit Nelson Mandela: Der in Südafrika lebende und aus Bitburg stammende Priester Stefan Hippler.

Begegnung mit Nelson Mandela: Der in Südafrika lebende und aus Bitburg stammende Priester Stefan Hippler.

Foto: privat

Bei welcher Gelegenheit haben Sie Mandela kennengelernt, und wie haben Sie ihn erlebt?

Hippler: Ich habe Nelson Mandela zweimal getroffen. Das erste Mal in Bonn, wo ich keine Gelegenheit hatte, mit ihm zu sprechen. Dafür das zweite Mal in Kapstadt bei der Eröffnung des Arabella Hotels. Dort hatte ich Gelegenheit, kurz mit ihm über meine Arbeit zu reden. Am Tag darauf durfte ich mit ihm nach Robben Island, zusammen mit Beyonce, Richard Brandson und anderen, die zum Mandela Konzert eingeflogen waren. Ich war und bin zutiefst beeindruckt. Mandela hatte eine Präsenz oder Aura, die man spürte, wenn man in seiner Nähe war. Ein Mensch, der durch und durch echt ist und dessen Lebensgeschichte und Lebensweisheit man spüren konnte. Und ein Mensch, der zuhören konnte und Humor hatte.

Welche Bedeutung hatte und hat Mandela für Südafrika?

Hippler: Ohne Mandela kein friedlicher Übergang, das ist meine feste Überzeugung. Er war sicherlich kein Heiliger, machte Fehler, aber er war in dem Moment ein Glücksfall der Geschichte. Und er war, solange er lebte, das lebendige Gewissen Südafrikas. Speziell auch für den Afrikanischen Nationalkongress
ANC.

Mandela hat das Thema Aids enttabuisiert, nachdem sein eigener Sohn an der Immunschwächekrankheit gestorben ist. Wie wichtig war sein Engagement in diesem Punkt?

Hippler: Während seiner Amtszeit hat er das Thema nicht wirklich angefasst. Er hat sich danach dafür entschuldigt mit dem Hinweis, dass in seiner Tradition jemand in seiner Position nicht über Sexualität vor Frauen reden kann. Nach dem Rücktritt als Präsident hat Mandela das Tabu gebrochen und viel dazu beigetragen, dass HIV und Aids ein Thema in Südafrika wurden.

Warum war Mandela auf der ganzen Welt ein so geachteter Mensch?

Hippler: Er wurde geachtet, weil er echt war, ehrlich war und weil man spürte, dass hier ein Mensch seine ganze Lebensgeschichte angenommen und im besten Sinne des Wortes verarbeitet hat. Als Symbol für den Widerstand gegen Unterdrückung wurde Mandela natürlich auch für jeden Politiker und Künstler zu einer Person, mit der man sich schmücken konnte. Er ist zu einer Art personalisierter Hoffnung geworden - und er ist dabei nie größenwahnsinnig geworden, sondern hatte sich ja in den letzten Jahren zurückgezogen. Auch das hat ihm viel Achtung und Respekt gebracht.

Wie wird sich Südafrika nach seinem Tod entwickeln?

Hippler: Es wird weitergehen, und ich vermute mal, vielleicht noch etwas holpriger als ohnehin schon. Für den ANC wird Nelson Mandela offiziell eine Art Übervater bleiben. Für die Menschen in Südafrika bleibt die Erinnerung, dass Versöhnung möglich und lebbar ist. Und das ist schon viel in einem Land, das politisch und sozial eher einer Achterbahn gleicht.
Extra

Stefan Hippler lebt seit 1997 in Südafrika. Der gebürtige Bitburger wurde vor allem als Gründer einer Hilfsorganisation für Aids-Kranke und Buchautor bekannt.

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