Ceta-Abkommen: Staatsminister stößt auf Kopfschütteln in Kanada

Berlin · Während die Politiker Belgiens am Mittwoch noch mit der Regionalregierung der Wallonie um das europäisch-kanadische Handelsabkommen Ceta rangen, sprach der für EU-Fragen zuständige Staatsminister im Auswärtigen Amt, Michal Roth (SPD), in Ottawa unter anderem mit dem dortigen Außenminister über die Lage.

Berlin. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff fragte Staatsminister Michael Roth nach der Stimmung in Übersee angesichts des Ceta-Desasters.
Sie sind der erste deutsche Regierungsvertreter in Ottawa, seitdem die Wallonie das Ceta-Abkommen an den Rand des Scheiterns gebracht hat. Wie erklären Sie den Kanadiern, was hier in Europa vorgeht?
Michael Roth: Das ist echt nicht ganz einfach zu erklären. Aber wir sind in der EU ja schon sehr weit gekommen. 27 von 28 Mitgliedstaaten unterstützen Ceta, jetzt hat nur noch ein Regionalparlament Bedenken. Aber so ist Demokratie. Ich habe hier deutlich gemacht, dass die EU nach wie vor Ceta will. Angesichts der großen Fortschritte, die wir erreicht haben, dürfen wir das Projekt auf der Zielgeraden nicht scheitern lassen.
Kanada hat 13 sehr autonome Provinzen. Hat man dort Verständnis für das, was hier passiert?
Roth: Das Verständnis hält sich in Grenzen. Man sagt, dass doch alle Beteiligten in der EU die Diskussions- und Verhandlungsgrundlagen schon länger kannten, auch Wallonien. So kurz vor der Unterzeichnung grundsätzliche Bedenken anzumelden, die alles blockieren, hat hier viele erstaunt. Aber die Kanadier sind Pragmatiker genug, um zu wissen, dass es immer noch Lösungswege gibt. Dabei helfen ihnen sicher ihre Erfahrungen mit dem eigenen Föderalstaat.
Fühlt man sich ein bisschen doof, wenn man aus so einem Kontinent kommt, wo eine kleine Region alles blockieren kann?
Roth: Ich fühle mich eher ermutigt, weiterhin dafür zu werben, dass die EU unsere Lebensversicherung in Krisenzeiten ist. Was Besseres mag mir in einer globalisierten Welt schlicht nicht einfallen. Das naive Vertrauen auf den Nationalstaat alter Prägung verbessert ja nichts. Im Gegenteil.
Gibt es in Kanada die Bereitschaft, nachträglich noch Klarstellungen vorzunehmen?
Roth: Den Kanadiern ist derzeit nicht ganz klar, wo genau die konkreten Schwierigkeiten des wallonischen Regionalparlaments eigentlich liegen. Mir ist aber Offenheit signalisiert worden, auch weiterhin auf ein erfolgreiches Abkommen gemeinsam mit uns Europäern hinzuarbeiten.
Sie reisen weiter in die USA, mit denen über das Freihandelsabkommen TTIP verhandelt wird. Geben Sie dem noch eine Chance nach der Erfahrung mit Ceta?
Roth: Ceta hat Maßstäbe gesetzt. Es ist ein Abkommen, das zeigt, dass Globalisierung sich aktiv gestalten lässt. Keiner muss Angst haben, dass unsere hohen Standards etwa beim Umweltschutz, im Arbeitsrecht oder im Verbraucherschutz abgesenkt werden. Im Gegenteil. In den Verhandlungen mit den USA sind wir leider bei weitem nicht so weit. Ich hoffe aber, dass uns das noch gelingt. TTIP darf natürlich hinter Ceta nicht zurückfallen.
Was kann Europa aus dem Fast-Scheitern von Ceta lernen?
Roth: Wir brauchen von Anfang an ein Höchstmaß an Transparenz, Einbindung und Kommunikation gegenüber der Bevölkerung. Es muss uns gelingen, deutlich zu machen, dass Handelsabkommen einen konkreten Beitrag zur Gestaltung der Globalisierung leisten können. Wir müssen die Ängste ernst nehmen und durch faire Abkommen überwinden. wk

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