Der Blick geht nach Israel

Mainz · Die Terrorgefahr beschäftigt auch die Menschen in Rheinland-Pfalz. Die Gewerkschaft der Polizei sagt: Es sind deutlich mehr Beamte erforderlich. Nicht jede politische Forderung hält der Landesvorsitzende für geschickt.

Der Blick geht nach Israel
Foto: (m_kreis )

Mainz. Plötzlich redet Ernst Scharbach von einem Besuch in Israel. Von Wachen, die am Supermarkt stehen. Und von Kunden, die sich vor dem Einkaufen mit Metalldetektoren kontrollieren lassen. Aber auch davon, wie gelassen er die Menschen in dem Land trotz der täglichen Anschlagsgefahr wahrgenommen hat. "Die Gesellschaft lebt jeden Tag mit dem Terror - und hat das verinnerlicht", sagt der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Ob es ähnlich strenge Kontrollen irgendwann in Rheinland-Pfalz geben wird? Vor dem Gedanken graust es Scharbach. "Ich hoffe nicht", sagt er. Aber: "Ich fürchte, der Terrorismus wird uns nicht Jahre begleiten, sondern Jahrzehnte."
Über die Gründe will Scharbach nicht spekulieren. Er hat aber Ansätze, wie sich die Gefahren minimieren lassen könnten. Und auch die Parteien im Land haben Pläne.

Traumatisierte betreuen: Die Flüchtlingskrise macht der Gewerkschaftschef nicht für die Entwicklung verantwortlich. "Terroristen haben immer ihren Weg nach gefunden. Sie haben Leute aus Europa angeworben, in Syrien ausgebildet und wieder zurückgeschickt. Das ist nicht erst mit den Flüchtlingen so." Scharbach lehnt es daher ab, alle Asylbewerber erneut zu kontrollieren, wie es Rainer Wendt von der deutschen Polizeigewerkschaft verlangt. Diese Forderung sei "Populismus", kritisiert Scharbach.
Eine Mehrheit im Land deutet sich für diesen Vorschlag auch nicht an. Lediglich die AfD unterstützt die Position von Wendt. Jan Bollinger, parlamentarischer Geschäftsführert der AfD-Fraktion im Landtag, sagt, die Partei habe schon um vorigen Jahr darauf hingewiesen, dass durch "ungesteuerte Massenzuwanderung" auch Terroristen und Kriminelle nach Deutschland gelangen könnten. "Damals sind wir als Populisten und Rassisten beschimpft worden, jetzt geben uns alle Sicherheitsbehörden recht."
SPD, CDU, FDP und Grüne warnen hingegen davor, Flüchtlinge unter einen Generalverdacht zu stellen. Das Innenministerium schreibt, man gehe Hinweisen zu Radikalisierungen "in jedem Einzelfall unverzüglich nach".
Scharbach bevorzugt es dar-über hinaus, traumatisierten Flüchtlingen schnelle Hilfe zu bieten. "Viele Jugendliche haben Katastrophales erlebt. Wenn alles zerbombt wurde - und keiner kümmert sich um sie, kann es passieren, dass sie die Erfahrungen mit 17, 18 Jahren in Gewalt umsetzen", sagt der GdP-Landesvorsitzende. FDP und Grüne schlagen dazu Aussteigerprogramme für Islamisten vor. Seit März gibt es im Land bereits ein solches Programm, das Radikalisierten hilft, Ausstiegshilfen bietet und Angehörige einbindet. Koordiniert wird das Projekt vom Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung.

Polizei aufstocken: "10 000 Polizisten braucht das Land, 1000 mehr als jetzt", sagt Ernst Scharbach klipp und klar. "Streifenbeamte, die vor Ort schnell eingreifen können. Aber auch Kriminalpolizisten, die im Hintergrund ermitteln können." 500 Anwärter hat das Land in diesem Jahr an der Hochschule für Polizei neu angestellt, vor denen eine dreijährige Ausbildung liegt. Eine zusätzliche Studiengruppe von 35 Anwärtern startet außerdem ab Herbst, um die Zahl der Studienabbrecher auszugleichen, heißt es vom Innenministerium. Scharbach wertet das als Erfolg. Doch erst ab 2018 rechnet er mit einem echten Personalzuwachs, da in den Jahren zuvor weniger angehende Polizisten studierten und nun fertig werden - und zudem einige in Rente gehen.
Der GdP-Vorsitzende kritisiert die Politik dafür, im Haushalt an die "schwarze Null" zu denken. "Zunächst sollte es darum gehen, die staatlichen Aufgaben zu erfüllen - und dazu gehört die Sicherheit." Die Polizei nun landesweit mit Sicherheitswesten auszustatten, die gegen Kriegswaffen gerüstet sind, lobt er. Aber er sagt auch: "Ein Schutz ist das nicht in einem Zeitalter, in dem Terroristen in Fußgängerzonen und vor Stadien bereit sind, sich in die Luft zu sprengen."
Scharbach setzt eher auf Vorbeugung. Die Vorratsdatenspeicherung nennt er dabei eine gute Idee. "In der Politik ist sie kein beliebtes Thema, sie entlarvt aber Terrornetze - und kann weitere Taten verhindern."

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