Die Misswirtschaft der Ministeriellen

Berlin · Zu spät, zu teuer und mit zahlreichen Mängeln behaftet. So lautet der vernichtende Befund der Unternehmensberatung KPMG über zentrale Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Und die Hauptschuld trägt das Bundesverteidigungsministerium.

Berlin. Bei der Annahme des Gutachtens sprach Ressortchefin Ursula von der Leyen (CDU) von großem Handlungsbedarf und einer "harten Managementaufgabe", um ihr Haus in Ordnung zu bringen. Die Details:

Was wurde untersucht?
Im Auftrag von der Leyens haben die Unternehmensberater insgesamt neun zentrale Beschaffungsvorhaben vom Schützenpanzer Puma über den Lufttransporter A400M bis zum Luftverteidigungssystem TLVS unter die Lupe genommen. Die Kosten der Projekte: 57 Milliarden Euro. Das entspricht rund 70 Prozent der staatlichen Investitionen in den militärischen Bereich. Mit dem Geld könnte man acht Bahnhöfe nach dem Muster "Stuttgart 21" errichten, oder zehn Flughäfen vom Ausmaß des Pannen-Airports BER - jedenfalls nach aktuellen Kostenstand.

Was wird bemängelt?
Sieben der neun Projekte sind deutlich teurer als anfangs geplant. Sämtliche Vorhaben weisen darüber hinaus einen Zeitverzug zwischen zweieinhalb und zehn Jahren (!) auf. Allein der Flugtransporter A400M, der die betagte Transall ablösen soll, liegt gut vier Jahre hinter Plan und kostet voraussichtlich 15 Prozent mehr. Insgesamt listen die Gutacher 140 Probleme bei den Rüstungsprojekten auf.

Warum gibt es Probleme?
Die Kosten würden anfangs viel zu niedrig angesetzt, auch um die parlamentarischen Hürden besser zu meistern. "Schlank lügen", heißt das im Ministeriums-Jargon. Auch sind Termin- und Leistungsziele gegenüber dem Hersteller laut Gutachten oft schon "bei Vertragsschluss nicht ausreichend verankert". Im Klartext: Verträge mit der Rüstungsindustrie werden schlampig verhandelt. Und die Zeche dafür zahlt der Steuerzahler.

Wie lassen sich Mängel beheben?
Ihrer Problemanalyse haben die Experten rund 180 Handlungsempfehlungen beigefügt, um die Mängel abzustellen. Kern ist die Behebung von Führungsdefiziten. "Das Management von Rüstungsprojekten verlangt eine Führungskultur, in der Transparenz und Integrität gelebt werden", heißt es in der Untersuchung. Dazu wird beispielsweise vorgeschlagen, die Kompetenzen für die Rüstungsbeschaffung zu straffen. Derzeit sind dafür mindestens vier Institutionen verantwortlich, die auch noch weiträumig voneinander getrennt liegen. Sie sitzen in Berlin, Koblenz, Köln und Trier.

Ist wirklich Besserung in Sicht?
Die Probleme haben sich schon lange aufgestaut. Also wird es auch Zeit brauchen, sie abzustellen. Ministerin von der Leyen müsste jedoch ein fundamentales Interesse an zügigen Erfolgsmeldungen haben.Extra

Zu den im Expertenbericht für das Verteidigungsministerium nun kritisierten Rüstungsprojekten gehört auch der Schützenpanzer Puma. Das Fahrzeug war bei der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 41 in Trier geprüft und bemängelt worden. Unter anderem kritisierten die Prüfer das Gewicht, die Fahrersicht sowie Probleme in der Elektronik und bei der Steuersoftware. Bei der WTD werden seit 1957 auf dem Gelände auf dem Trierer Grüneberg Panzer und andere Militärfahrzeuge getestet. Arbeiteten Anfang der 1980er Jahre rund 800 zivile Angestellte - Ingenieure, Techniker, Testfahrer - auf der WTD 41 in Trier, schrumpfte die Stellenzahl bis Ende 2012 auf 350 Beschäftigte. Durch die Fusion mit der Koblenzer Dienststelle hat die Trierer WTD seit Januar rund 470 Mitarbeiter, darunter 14 Soldaten. Bis Ende 2017 soll der Stellenplan auf 430 Mitarbeiter gekürzt werden. kah/woc

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