Die Stadt Trier feiert lieber sich als ihren Gründer

Trier · Als Augusta Treverorum - Stadt des Augustus im Land der Treverer - wurde Trier um 16 v. Chr. gegründet. Doch ob Roms erster Kaiser persönlich Pate gestanden hat, ist nicht belegbar. Als wahrscheinlich gilt hingegen, dass er "seine" Stadt später auf der Durchreise besucht hat.

Gründungsurkunde in Holz: Diese im Landesmuseum ausgestellte Holzscheibe ist ein Querschnitt durch einen Pfahl der ersten Römerbrücke Triers. Der Baum wurde 17 v. Chr. gefällt. TV-Foto: Roland Morgen

Gründungsurkunde in Holz: Diese im Landesmuseum ausgestellte Holzscheibe ist ein Querschnitt durch einen Pfahl der ersten Römerbrücke Triers. Der Baum wurde 17 v. Chr. gefällt. TV-Foto: Roland Morgen

Trier - älteste Stadt Deutschlands? Ja, klar, sagen Lokalpatrioten. Experten tun sich schwerer. Als Hauptbeleg für die Gründung der Augusta Treverorum gilt der Bau der ersten Römerbrücke. Gefällt wurden die Bäume, aus deren Holz sie bestand, im vorchristlichen Jahr 17. Das immerhin steht dank Dendrochronologie (naturwissenschaftliche Methode der Holzdatierung) fest. Ein Querschnitt durch einen Brückenpfahl ist im Rheinischen Landesmuseum in Trier als "Gründungsurkunde" ausgestellt. Denn, so argumentiert Museumschef Marcus Reuter (47), "Gründung und Ausbau der Stadt erfolgten sicherlich gleichzeitig mit dem Brückenschlag über die Mosel."
Kein Altar auf "grüner Wiese"


Als nächstes "Stadt"-Zeugnis galten lange die - ebenfalls im Landesmuseum erhaltenen - Fragmente eines monumentalen Denkmals aus dem Jahr 4 n. Chr. für die jung verstorbenen Augustus-Neffen Gaius und Lucius Caesar. Dessen Errichtung setzte den Beschluss eines Stadtrates sowie die Erlaubnis des Kaisers voraus, sagt Landesmuseums-Historiker Lothar Schwinden (63). Die 20-Jahre-Lücke zwischen Brücke und Denkmal füllt neuerdings ein Fund, der bei archäologischen Grabungen vor dem Bau des 2009 eröffneten innerstädtischen Einkaufszentrums Trier-Galerie gemacht wurde. Eine zunächst unscheinbar wirkende Marmorplatte entpuppte sich als Teil eines Augustus und der Göttin Roma geweihten Altars, der um das Jahr 12 v. Chr. in der Augusta Treverorum fertiggestellt wurde. Bau und stilgleich wie ein Pendant in Lyon/Frankreich, "war es ein prachtvolles Monument, das gewiss nicht auf der ,grünen Wiese\' stand", betont Uni-Professor Klaus-Peter Goethert (68). Den Baubeginn dieses "Friedensaltars" 16 oder 15 v. Chr. wertet Goethert als "vergleichbar einer Grundsteinlegung". Aber hat der Kaiser je selbst an seinem Monument gestanden? "Gut möglich, ja sogar wahrscheinlich", sagen Goethert und Schwinden unisono. Augustus bereiste zwischen 16 und 13 v. Chr. die spanischen und gallischen Provinzen, wenige Jahre später besuchte er die am Rhein stationierten Truppen; "Da war er zumindest auf der Durchreise in Trier." Jener Stadt, die der römische Geograf Pomponius Mela nur zwei Generationen später als "urbs opulentissima", als sehr wohlhabende Stadt beschrieb, und die es 293 gar zur Kaiserresidenz brachte und gut ein Jahrhundert lang Hauptstadt des römischen Westreichs blieb.
Alle Welt gedenkt heute Augustus\' - ausgerechnet in Trier hält sich die Würdigung des Gründervaters an dessen 2000. Todestag in Grenzen. Das Rathaus verweist auf eine Veranstaltung am 23. September: "Dann feiern wir den 2030. Geburtstag Triers und haben für jenen Tag eine große Überraschung parat, die in engstem Zusammenhang mit Augustus steht."
Bleibt die Frage, warum das Landesmuseum keine Augustus-Ausstellung zeigt. "Eben weil Augustus in seinem 2000. Todesjahr ein internationales großes Thema ist und es Ausstellungen zum Beispiel in Köln, Paris und Rom gibt", sagt Direktor Reuter. Folglich wäre es "immens schwierig gewesen, aussagekräftige Exponate nach Trier zu bekommen."Vergoldeter Platzhalter

 Der Weltveränderer, der Trier gründete: Keiner regierte länger, nur wenige blutiger - Heute vor 2000 Jahren starb Augustus, der erste römische Kaiser. Er setzte einem Jahrhundert voller Bürgerkriege ein Ende und leitete eine lang anhaltende Friedensphase ein, ging dabei aber über Leichen. Augustus, ein früher Vordenker Europas, gründete 16 v. Chr. das heutige Trier. TV-Foto: Roland Morgen

Der Weltveränderer, der Trier gründete: Keiner regierte länger, nur wenige blutiger - Heute vor 2000 Jahren starb Augustus, der erste römische Kaiser. Er setzte einem Jahrhundert voller Bürgerkriege ein Ende und leitete eine lang anhaltende Friedensphase ein, ging dabei aber über Leichen. Augustus, ein früher Vordenker Europas, gründete 16 v. Chr. das heutige Trier. TV-Foto: Roland Morgen


Stattdessen sind die raren augusteischen Ausstellungsstücke aus Trier wie etwa die Marmorplatte im Römisch-Germanischen Museum Köln zu sehen (bis 29. Oktober). Als Platzhalter verblieben ist die vergoldete Kopie der Bevilacqua-Bildnisbüste (Original in der Münchner Glyptothek), die auf der Titelseite dieser TV-Ausgabe und hier ganz oben links im Seitenkopf zu sehen ist.
Das Trierer Römermuseum bereitet derweil seine nächste große Sonderausstellung vor. Sie wird 2016 gezeigt und stellt einen Kaiser in den Mittelpunkt, der definitiv nie in der Augusta Treverorum war: Nero, Ururenkel des vergöttlichten Augustus.

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