Dobrindts Nachdenk-Zeit läuft ab

Berlin · Entweder die Bundesregierung hält ausnahmsweise mal dicht oder es weiß wirklich noch niemand etwas. Bis Sonntagabend jedenfalls sind keine Details der neuen, dann endgültigen Mautpläne von Alexander Dobrindt (CSU) bekannt geworden. Dabei drängt die Zeit.

Berlin. Der Verkehrsminister hat lediglich noch bis Freitag Zeit, seinen Gesetzentwurf zur geplanten Maut vorzulegen, denn das hat er selbst versprochen. Und vorher müssen noch die wichtigsten Ressorts wie Finanzen und Wirtschaft einwilligen. Ein zweites Mal verschieben kann der Minister, der ursprünglich schon vor der Sommerpause fertig sein wollte, die Sache nicht. Das wäre ein schwerer Gesichtsverlust für ihn und vor allem für CSU-Chef Horst Seehofer, der die Maut zur zentralen symbolischen Forderung seiner Partei erklärt hat. Man werde den Oktober einhalten, bekräftigte Dobrindts Sprecher am vorigen Freitag. "Es spitzt sich langsam zu."
Klar war gestern eines: Das ursprüngliche Konzept wird es nicht sein. Im Sommer hatte Dobrindt sein Papier "Eckpunkte" genannt, weil es darüber keine Einigung in der Koalition gab. Er schlug eine allgemeine "Infrastrukturabgabe" für alle Straßennutzer vor, egal ob Ausländer oder Deutsche, egal ob auf der Autobahn oder nicht.
Diese Abgabe sollte sich ähnlich wie die KFZ-Steuer nach Hubraum und Umweltfreundlichkeit bemessen und im Durchschnitt 88 Euro pro Jahr betragen. Das sollte mit einer Vignette nachgewiesen werden. Für deutsche Autofahrer sollte die jährliche KFZ-Steuer aber jeweils entsprechend der Höhe der Abgabe gesenkt werden, so dass das Koalitionsversprechen, niemanden durch die Maut zusätzlich zu belasten, eingehalten worden wäre. Dobrindt rechnete nach Abzug der Verwaltungskosten aus dem Aufkommen der Ausländer mit rund 600 Millionen Euro Mehreinnahmen im Jahr, die gezielt in den Straßenbau fließen sollten.
Doch die "Eckpunkte" fielen auch in den eigenen Reihen durch. In den Bundesländern mit Außengrenzen fürchtete man um den kleinen Grenzverkehr und damit um Kunden aus den Nachbarstaaten.
Selbst Bayerns CSU-Innenminister, Joachim Herrmann, brachte diesen Einwand vor, sehr zum Ärger Seehofers. Dabei ist eine PKW-Maut, die nur Ausländer treffen soll, europarechtlich ohnehin schon kompliziert genug. Zuletzt warnte vorige Woche die designierte neue Verkehrskommissarin, die Slowenin Violeta Bulc, sie werde "diskriminierende Vorschläge" nicht akzeptieren.Warnung aus Brüssel


Motiv der CSU ist aber erklärterweise der Ärger vor allem über die Österreicher, die gratis über deutsche Autobahnen preschen, während die Bayern im Nachbarland eine Vignette ("Pickerl") kaufen müssen.
Dobrindt scheint nun an dieser zentralen Stelle einlenken und die PKW-Maut zunächst nur für Autobahnen erheben zu wollen. Am Freitag erklärte er in Leipzig, es gehe ihm vor allen um die großen Transitstrecken. Die Maut solle den kleinen Grenzverkehr nicht stören.
Bereits Mitte Oktober hatte der Verkehrsminister einen Kompromiss an diesem Punkt im Gespräch mit nordrhein-westfälischen Unionspolitikern in Aussicht gestellt.
Allerdings schwant selbst CSU-Spitzenpolitikern, dass bei einer solchen Beschränkung auf Autobahnen womöglich ein neues Problem auftaucht: Die Einnahmen werden dann noch geringer sein als ohnehin schon angenommen.
Und man wird sich die Frage stellen: Wozu der ganze Ärger?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort