Ein Eifeler kämpft gegen die Epidemie

Trier · Die tödliche Ebola-Epidemie breitet sich in Westafrika immer weiter aus. "Die Lage ist dramatisch", sagt der aus Aach bei Trier stammende Ordensmann Lothar Wagner. Mit seinen Mitbrüdern kümmert sich der Salesianer in Sierra Leone um Gesundheitsaufklärung und Hilfe in Zeiten der Seuche.

 Der Trierer Salesianerbruder Lothar Wagner ist für seinen Orden seit sechs Jahren in Sierra Leone, einem der ärmsten Länder der Welt. Foto: Don Bosco

Der Trierer Salesianerbruder Lothar Wagner ist für seinen Orden seit sechs Jahren in Sierra Leone, einem der ärmsten Länder der Welt. Foto: Don Bosco

Wenn Lothar Wagner ab heute mal wieder für drei Wochen auf Heimatbesuch in der Eifel sein wird, muss es ihm vorkommen, als sei er im Paradies gelandet. Der 40-jährige Theologe lebt seit sechs Jahren in Sierra Leone, einem der ärmsten Länder der Welt. In der Hauptstadt Freetown leitet er für die Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos (siehe Stichwort) ein Zentrum für Straßenkinder.
Nach Angaben des Kinderhilfswerks Unicef stirbt in Sierra Leone jedes dritte Kind noch vor seinem fünften Geburtstag, oft wegen Unterernährung oder der schlechten medizinischen Versorgung. "Die Krankenhäuser hier sind reine Verwahranstalten", sagt Bruder Lothar, viele Pfleger und Ärzte seien korrupt und dazu schlecht ausgebildet.
Und ausgerechnet in Sierra Leone breitet sich nun die Ebola-Seuche immer weiter aus.
"Die Situation verschärft sich allein dadurch dramatisch, weil die Verbreitungswege kaum zu kontrollieren sind", sagt der Salesianer im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Regierung Sierra Leones verharmlose die Epidemie, veruntreue Hilfsgelder.
Nach offiziellen Angaben des Gesundheitsministeriums gebe es bislang nur einen bestätigten Ebola-Todesfall in der Hauptstadt Freetown, inoffizielle Schätzungen dagegen gehen laut Lothar Wagner von zwischen 35 und 40 Todesfällen aus. "Ich selbst wurde vom hiesigen Gesundheitsminister noch ausgelacht, als ich im April öffentlich eine großangelegte Aufklärungskampagne gefordert habe", sagt Bruder Lothar.Beratung im Radio


Weil die Regierung nichts unternahm, ergriffen die Salesianer die Initiative. "Wir sind mit über 100 Mitarbeitern und Ordensleuten auf die Marktplätze und in die Schulen gegangen", sagt der 40-Jährige, "machen Gesundheitsfürsorge und sprechen im Radio und an eigens geschalteten Beratungstelefonen über Symptome und Ansteckungsmöglichkeiten."
Die Aufklärung sei auch deshalb wichtig, weil es in Sierra Leone noch einen sehr lebendigen Hexenkult gebe. "Wenn jemand schwer erkrankt, heißt es schnell, er ist verflucht", sagt Bruder Lothar. Allerdings: Anders als in den Nachbarländern seien die Menschen in Sierra Leone bereit, sich aufklären zu lassen. "Wir Salesianer genießen großes Vertrauen in der Bevölkerung, die Menschen hören uns zu." Ihnen wird beispielsweise geraten, kein Buschfleisch mehr zu essen. Denn es sind unter anderem Affen und Flughunde, die das Virus in sich tragen.
Eines der Hauptprobleme bei der Epidemie-Bekämpfung ist, dass viele Erkrankungsherde nicht mehr zu lokalisieren sind. "Wir können häufig nur schwer nachvollziehen, mit wem der Patient alles Kontakt hatte, bevor die Krankheit bei ihm diagnostiziert wurde", sagt Bruder Lothar. Die Kontaktpersonen müssten nämlich sofort isoliert werden, um zu beobachten, ob sie sich nicht ebenfalls mit dem hoch ansteckenden Virus infiziert haben.
Nach Beobachtung des Eifeler Salesianers geht nun im ganzen Land die Angst um. "Es sind die Versäumnisse der vergangenen Jahre, auch der internationalen Gemeinschaft, dass in Sierra Leone kein funktionierendes Krankenhaussystem aufgebaut wurde und sich das jetzt heftigst rächt", sagt Bruder Lothar. Die Prognose des Eifeler Ordensbruders: Die Bekämpfung des Ebola-Virus\' wird sich hinziehen - mindestens bis Ende des Jahres. Vielleicht aber auch länger, wenn nicht "massive, länderübergreifende Aktivitäten unter der Führung der Weltgesundheitsorganisation gestartet" würden.Extra

Die 1859 gegründeten Salesianer Don Boscos sind die zweitgrößte katholische Ordensgemeinschaft der Welt. Gründer war der 1815 bei Turin geborene und später selig- und heiliggesprochene italienische Priester Giovanni Bosco. Der Grundgedanke der von Don Bosco formulierten Pädagogik: "Nicht mit Schlägen, sondern mit Güte wirst du Kinder und Jugendliche zu Freunden gewinnen." Ein für die damalige Zeit geradezu revolutionärer Ansatz. In Deutschland hat der Orden 34 Niederlassungen - in der Region Trier das Jugendwerk Don Bosco in Trier, das Jugendhilfezentrum Helenenberg und die Jugendbildungsstätte in Jünkerath. Bruder Lothar spricht am Mittwoch, 23. Juli, 19.30 Uhr, auf dem Helenenberg über seine Arbeit in Westafrika. Zuhörer sind willkommen. sey

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