"Eine ausgesprochen gefährliche Situation richtig gelöst" - Volksfreund-Interview mit Polizeigewerkschaftschef Wendt zu den Vorgängen in Clausnitz

Der Vorsitzende der deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, verteidigt das Vorgehen der Polizei in Clausnitz. Die Übergriffe seien auch nicht ein rein sächsisches Phänomen, so Wendt im Gespräch mit unserem Berliner Korrespondenten Hagen Strauß.

Herr Wendt, hat die Polizei in Clausnitz versagt?
Rainer Wendt: Nein. Die Polizei hat in Clausnitz mit wenigen Kräften eine ausgesprochen gefährliche Situation richtig gelöst.

Die Bilder, die man sehen konnte, sprechen für viele eine andere Sprache.
Wendt: Polizeiarbeit produziert manchmal Bilder, die nicht schön sind. Wenn man nicht die Gesamtsituation zur Kenntnis nimmt, kann man solche Bilder auch falsch deuten. Ich finde, dass sich Bundesinnenminister de Maizière - anders als andere - vorbildlich verhalten hat. Er hat sich erst vernünftig informiert, und sich dann schützend vor die Polizei gestellt.

Nach den Ereignissen in Clausnitz und Bautzen wird viel über die Lage in Sachsen diskutiert. Sind solche Übergriffe vor allem ein sächsisches Problem?
Wendt: Nicht nur. Leider haben wir im vergangenen Jahr rund 1000 Angriffe auf Asylbewerberunterkünfte erlebt - und der Trend hält unvermindert an. Deshalb müssen wir überall in Deutschland solche Unterkünfte unter Aufbietung starker Polizeikräfte schützen. Das ist eine ganz gefährliche Entwicklung, weil sich die Extremisten aus dem linken und dem rechten Lager gegenseitig hochschaukeln. Und wir wissen noch nicht, ob die höchste Eskalationsstufe bereits erreicht ist.

Was meinen Sie damit?
Wendt: Ich hoffe nicht, dass die Leute irgendwann mit Waffen aufeinander losgehen. Wobei es jetzt schon ganz fürchterlich ist. Man kann durchaus von einem rechten Terrorismus sprechen, wenn Asylunterkünfte angezündet werden, in denen teilweise Menschen sind.

Aber die Häufigkeit der Vorfälle in Sachsen bleibt auffällig, oder nicht?
Wendt: Das stimmt. In den 1990er Jahren hatten wir dieses Phänomen in Mecklenburg-Vorpommern. Das zeigt, wie wichtig es ist, auch mit Bildung, Erziehung und Aufklärung junger Menschen darauf einzuwirken, dass sich so etwas nicht entwickelt. Zugleich muss der Staat durch Polizei präsent sein. Und diese Präsenz fehlt eben in der Fläche. hasExtra

Rainer Wendt (60, TV-Foto: Rainer Neubert) ist seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), die mit der deutlich größeren Gewerkschaft der Polizei (GdP) und dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) darum konkurriert, Angestellte und Beamte im Polizeidienst zu vertreten. Wendt wird angesichts etlicher Äußerungen in jüngerer Zeit als konservativ und polarisierend beschrieben. Seit 42 Jahren ist er Mitglied der CDU. r.n.

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