Streit um Doppelhaushalt zeigt tiefe Kluft zwischen den Parteien im rheinland-pfälzischen Landtag

Mainz · Große Schulden, nichts dahinter: Die Opposition im rheinland-pfälzischen Landtag hat den Entwurf zum Doppelhaushalt 2017 und 2018 attackiert. Für den Aufreger des Tages sorgte in dem politischen Schlagabtausch die AfD.

Italienisches Festessen oder winterliche Knabbereien: Die Stunden, bevor im Landtag die Fetzen fliegen, können manchmal harmonisch sein. CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner postet am Abend vor ihrer Haushaltsrede ein Foto im sozialen Netzwerk Twitter, wie sie sich bei Pizza, Salat und Riesling vorbereitet. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sitzt in der gleichen Zeit mit Journalisten bei Wildschweinbratwurst, Spekulatius und Glühwein zusammen. Bei der Debatte über den Doppelhaushalt für 2017 und 2018 ist es dann aber mit der Gemütlichkeit vorbei. Die Reden zeigen, wie tief die Kluft zwischen den Parteien ist. Ein Überblick:

Die Sache mit den Schulden: CDU-Fraktionschefin Julia Klöckner kritisiert, die Regierung könne schon jetzt einen Haushalt ohne Minus vorlegen. Stattdessen baue sie auch 2017 und 2018 neue Schulden. Das Land profitiere nur davon, dass es vom Bund zusätzliche Millionen erhalte und die Zinsen so niedrig seien. Dann dreht sie sich zu Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) und sagt: "Sie stehen an der Bahnsteigkante und warten, bis der ausgeglichene Haushalt ohne großes Zutun bei Ihnen ankommt." Malu Dreyer wehrt sich. Ihr Credo: Die Ausgaben tragen dazu bei, das Land zu gestalten.

Was der Opposition fehlt: Julia Klöckner greift die Regierung dafür an, falsche Schwerpunkte zu setzen. Die Polizei sei chronisch unterbesetzt. "Ein Mann in der Eifel hat das Recht, nach einem Einbruch um Hilfe zu rufen - und darf nicht vertröstet werden, weil nur eine Streife auf den Straßen fährt", schimpft sie. Die Vorbeugung gegen islamistische Radikalisierung bezuschusse das Land mit weniger Mitteln als die Förderung der Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen. In Kreisen wie Bitburg-Prüm führe lahmes Internet zu Landflucht. Und beim Landesbetrieb Mobilität baue das Land 180 Stellen ab. Klöckner erzählt von einem Ingenieur, der ihr geklagt habe, er müsse Telefondienst machen und könne so keine Straßen planen. "Das können wir uns nicht vorstellen", entgegnet Malu Dreyer auf die Geschichte. AfD-Fraktionschef Uwe Junge ärgert sich hingegen darüber, dass das Land die Karl-Marx-Ausstellung in Trier 2018 unterstütze. Ihm fehlt es an Ausgewogenheit. "So ist sie für uns keinen Cent wert."

Wie die Ampel kontert: Die Fraktionschefs der Regierungsparteien antworten mit Attacken gegen Julia Klöckner. Alexander Schweitzer (SPD) lästert, Weihnachten werde sie mit der Erkenntnis feiern, ein verlorenes Jahr hinter sich zu haben. Thomas Roth (FDP) bezeichnet die rheinland-pfälzische CDU als "AfD light". Doch auch inhaltlich kontern die Parteien auf die Haushaltsschelte. Bernhard Braun (Grüne) lobt die Mittel für die Integration und neue Sprachkurse. Schweitzer (SPD) nennt die zusätzliche Einstellung von Polizisten, die hohe Unterrichtsversorgung und den kostenlosen Zugang von der Kindertagesstätte bis zur Hochschule. Und Roth schwärmt von den 7,5 Millionen Euro, die das Land für den Meisterbonus einplane. "Wir tun was gegen den Fachkräftemangel im Land", sagt er. Der Haushalt steht nun zur Beratung - und könnte im März verabschiedet werden.

Der Aufreger des Tages: Die Ampelparteien, die sich von diversen Junge-Aussagen provoziert fühlen, schießen sich auch auf die AfD ein. Afd-Chef Junge sagt, jeder Integrationseuro für geduldete und kriminelle Flüchtlinge sei verschwendet. "Schieben Sie lieber konsequent ab - und leisten so noch einen Beitrag zur inneren Sicherheit", sagt er. Der Regierung wirft er vor, linksradikale Organisationen zu unterstützen und nennt dabei den der SPD nahestehenden Jugendverband "Sozialistische Jugend Deutschlands - Die Falken". Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun nennt es eine "Unverschämtheit", den ebenfalls unterstützten Verein Pro Familia, der nach eigenen Angaben schwangere Frauen berät, als "Abtreibungsverein" zu bezeichnen. Der Verein kündigt an, rechtliche Schritte gegen Junge zu prüfen. Braun: Eine solche AfD gehöre nicht zur Verfassung und die Demokratie.Extra

Malu will's wissen - und bei der Landtagswahl 2021 nochmal antreten: Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte in Mainz: "Ich habe den Wählern gesagt, dass ich für fünf Jahre gewählt bin. Das bedeutet, dass ich auch in die nächste Landtagswahl gehe." Erst im März gewann die Ministerpräsidentin die Wahl und führt seit Mai die Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen an. Mit Fraktionschef Alexander Schweitzer gibt es auch einen SPD-Kandidaten, den Politikbeobachter in Mainz als künftigen Ministerpräsidenten-Kandidaten handeln.dpa/flor

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