"Es gibt eine Kumpanei"

Berlin · Die Vorsitzende des Umweltausschusses des Bundestages, Bärbel Höhn (Grüne), glaubt, dass neben VW auch andere Autohersteller bei den Abgaswerten manipuliert haben könnten. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) agiere scheinheilig, so Höhn im Gespräch mit unserer Zeitung.

Berlin. Der VW-Skandal hat den Umweltausschuss des Bundestages intensiv beschäftigt. Unser Korrespondent Hagen Strauß hat mit der Vorsitzenden, Bärbel Höhn, gesprochen. Frau Höhn, ist der VW-Skandal die Spitze des Eisbergs?Bärbel Höhn: Ja. Jeden Tag wird mehr bei VW enthüllt. Die Frage ist jetzt, ob nicht auch andere Automobilhersteller diese Software verwendet haben, weil bei fast allen Autos diese erhöhten Schadstoffwerte festzustellen sind. Ich glaube, der, der diese Mogel-Software verkauft hat, dürfte sie auch an andere Hersteller verkauft haben.Die Debatte über Prüfverfahren und mögliche Manipulationen gibt es schon lange. Hätten die Grünen als Umweltpartei nicht hartnäckiger sein müssen?Höhn: Das waren wir. Wir haben im Sommer die Bundesregierung danach gefragt. Da hat sie gesagt, dass ihr dies bekannt ist, aber Konzepte zur Verhinderung von Abschalteinrichtungen sich in der Praxis nicht bewährt haben. Wir waren also dran am Thema.Minister Dobrindt sagt, die Grünen seien unanständig. Von Manipulationen habe er nichts gewusst.Höhn: Der Minister spielt gerne den Scheinheiligen. Ich glaube, dass er damit nicht durchkommt. Die EU hat zum Beispiel vor einigen Jahren auch Deutschland aufgefordert, die Nutzung der sogenannten Abschaltvorrichtungen durch Autohersteller unter Strafe zu stellen. Nach meiner Kenntnis ist das nicht passiert. Da gibt es eine Kumpanei von Herstellern und Politik.Ist Dobrindt also kein Aufklärer?Höhn: Diese Rolle nehme ich ihm deshalb nicht ab, weil schon lange bekannt gewesen ist, dass es Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung gibt. Was erwarten Sie vom Minister?Höhn: Er muss nicht nur gegen VW vorgehen. Im Interesse der Bevölkerung muss er auch Modelle von anderen Herstellern prüfen lassen. VW hat es nur durch Zufall als Erstes erwischt. Außerdem müssen endlich die unrealistischen Labormessungen bei den Auto-Emissionen durch Straßentests ersetzt werden.Extra

Der US-Grenzwert für Stickoxide ist für leichte Nutzfahrzeuge etwas strenger als der EU-Wert, der auch für Deutschland gilt. Die EU setzt derzeit eine Obergrenze von 80 Milligramm pro Kilometer. Der US-Wert von 70 Milligramm pro Meile ist strikter - eine Meile misst 1,6 Kilometer. dpa

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