Facebook wehrt sich gegen Zensurvorwurf - Medienmacht im Fokus

Menlo Park · Facebook wird für Medienmacher immer wichtiger. News, die im größten Sozialen Netzwerk viral geteilt werden, treiben auch die Werbeumsätze der Publisher in die Höhe. Nun muss sich Facebook gegen Vorwürfe wehren, bei der News-Auswahl konservative Inhalte zu benachteiligen.

„Der Facebook-Algorithmus entscheidet darüber, welche Beiträge im Nachrichtenstrom auftauchen.“ Diese Kernaussage des weltgrößten Online-Netzwerks wurde nun in Frage gestellt. Zumindest bei der in den USA populären Nachrichten-Rubrik „Trending Topics“ hätten freie Facebook-Mitarbeiter bewusst politisch konservative Berichte unterdrückt und Themen aus dem linken Spektrum hochgejubelt, behauptete das Tech-Blog „Gizmodo“. Es stützte sich auf Aussagen von mehreren namentlich nicht genannten Ex-Mitarbeitern. Auch wenn Facebook die Zensurvorwürfe umgehend dementierte, so gerät die Medienmacht von Facebook zunehmend in den Fokus.

In dem Netzwerk geht es längst nicht mehr nur darum, Katzenfotos zu teilen, sich über Hobbys auszutauschen oder seinen Freunden vom jüngsten Club-Besuch zu berichten. Fast zwei Drittel der US-Nutzer von Facebook und Twitter (jeweils 63 Prozent) informieren sich in den Online-Netzwerken über aktuelle News, wie eine Umfrage des renommierten Pew-Forschungszentrums ergab. Und da Facebook inzwischen Twitter bei der Mitgliederzahl deutlich abgehängt hat, spielt der Konzern von Mark Zuckerberg eine dominierende Rolle unter Online-Netzwerken - auch wenn es darum geht, Leser zu Medienartikeln zu leiten.

Bei langen Artikel kommen der Pew-Studie zufolge 82 Prozent von Facebook und 16 Prozent von Twitter, bei kurzen Meldungen liegt das Verhältnis bei 84 zu 14 Prozent. Die Konkurrenz fällt also kaum noch ins Gewicht. Und rund die Hälfte der Facebook-Nutzer gab an, dass sie sich bei dem Online-Netzwerk über den Präsidentschaftswahlkampf informierten. Dabei nannten 14 Prozent soziale Medien als besonders hilfreiche Informationsquelle, auf Platz zwei nach Kabel-TV mit 24 Prozent.

Die Auswahl der Themen bei den „Trending Topics“ von Facebook, die in Deutschland noch nicht verfügbar sind, übernimmt nach Angaben des Netzwerks ein Algorithmus. Die Rechenformel identifiziert, über welche Stories auf Facebook besonders heiß diskutiert wird. Dabei komme es zum einen auf eine besonders hohe absolute Zahl von Erwähnungen an, aber auch auf einen steilen Anstieg in einem kurzen Zeitraum. Ein Qualitätssicherungsteam solle sich dabei nur darum kümmern, dass Alltagsbegriffe wie „lunch“, über die jeden tag zum Mittagessen geschrieben werde, nicht zu einem „Trending Topic“ aufsteigen. Das Team schreibe auch kurze Beschreibungen der Themen.

„Gizmodo“ behauptet nun, bei der Überprüfung der Trends seien aktiv Nachrichten zu republikanischen Politikern wie Mitt Romney oder Rand Paul sowie über das konservative CPAC-Treffen herausgefiltert worden. Dagegen seien für Gründer Mark Zuckerberg wichtige Themen wie die Anti-Rassismus-Bewegung „Black Lives Matter“ manuell auf die Top-Liste gesetzt worden, obwohl der Algorithmus diese gar nicht vorgeschlagen habe.

Der zuständige Facebook-Manager Tom Stocky wies diese Zensurvorwürfe entschieden zurück: Man habe bei einer Überprüfung keine Belege dafür gefunden. Solche Manipulationen seien nach den internen Richtlinien verboten, schrieb er in einem Facebook-Eintrag. Es gebe technische Barrieren gegen Manipulationen der „Trending Topics“. Zudem würden die Aktionen der Mitarbeiter aufgezeichnet und kontrolliert. Aufgabe des Teams sei es vor allem, die von einer Software ermittelten Trend-Nachrichten lediglich auf Doppelungen, Fälschungen oder schwache Quellenlage zu prüfen.

Die Debatte um die Zensur-Vorwürfe konnte Stocky mit seiner Stellungnahme allerdings nicht beenden. Das hat auch damit zu tun, dass nicht nur manche Medienmacher Facebook eine Manipulation des Nachrichtenstroms zutrauen. Das Netzwerk hatte vor zwei Jahren selbst eingeräumt, für eine Studie die Auswahl der Einträge in der „Timeline“ von einigen hunderttausend Nutzern leicht manipuliert zu haben. Bei dem Experiment sollte erforscht werden, wie sich positive und negative Emotionen in Netzwerken ausbreiten.

Breitbart News, ein rechtes Nachrichten- und Meinungsportal, blies nach der „Gizmodo“-Veröffentlichung zur Attacke: Entgegen der eigenen Beteuerungen würden „hyper-progressive Silicon-Valley-Unternehmen wie Facebook offenkundig ihr eigenen Vorurteile dem Informationsfluss aufdrücken“. Unterstützung bekamen die konservativen Publisher von der anderen Seite des politischen Spektrums: Glen Greenwald, der eng mit dem NSA-Whistleblower Edward Snowden zusammenarbeitet, schrieb auf Twitter, der Vorfall werde nicht nur den Verfolgungswahn auf dem rechten Flügel befeuern. „Dies ist eine wichtige Erinnerung, welche Gefahren drohen, wenn das Silicon Valley die Verbreitung der Inhalte kontrolliert.“

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