Falsche Angaben? Missbrauchsopfer sauer auf Bischof

Trier · Nach Darstellung des Bistums Trier sind alle bis Februar 2013 gestellten Anträge auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde, bewilligt worden (der TV berichtete). "Stimmt nicht", behaupten Opferinitiativen. Antragsteller Tobias D. etwa wartet seit über einem Jahr auf den Abschluss seines "Falls".

 Hier stellt er vor drei Jahren die neuen Leitlinien der katholischen Kirche zum Umgang mit den Opfern sexuellen Missbrauchs vor – nun soll er nach dem Willen von Opferinitiativen als Missbrauchbeauftragter zurücktreten: der Trierer Bischof Stephan Ackermann. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Hier stellt er vor drei Jahren die neuen Leitlinien der katholischen Kirche zum Umgang mit den Opfern sexuellen Missbrauchs vor – nun soll er nach dem Willen von Opferinitiativen als Missbrauchbeauftragter zurücktreten: der Trierer Bischof Stephan Ackermann. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Für Tobias D. (Name geändert) waren diese Zahlen wie ein Schlag ins Gesicht: "Im Bistum Trier hatten bis Februar 56 Missbrauchsopfer einen Antrag gestellt", hieß es vergangene Woche im Trierischen Volksfreund. Nach Bistumsangaben sind demnach alle 56 Anträge bewilligt worden. "Stimmt nicht", sagt Tobias D.

Im Juli 2012 hatte der heute 44-Jährige dem Bistum Trier gemeldet, er sei von einem Pfarrer in einer saarländischen Pfarrgemeinde als Teenager sexuell missbraucht worden - und er nannte Zeugen. Es folgte ein Gespräch mit den beiden Missbrauchsbeauftragten des Bistums Trier, dem Psychologen Peter Rütten und der Juristin Gisela Lauer. "Dann erhielt ich mehrere Entschuldigungen", sagt Tobias D. "Weil die Anfertigung des Protokolls wegen Krankheit und Urlaubs so lange dauerte, und weil ein Einschreiben samt Protokoll und meinem Antrag auf dem Postweg verloren gegangen war." Dafür habe er noch Verständnis, sagt Tobias D.

Anfang dieses Jahres hatten sowohl das Bistum Trier als auch Tobias D. den Fall bei der Staatsanwaltschaft Saarbrücken angezeigt. Das Ergebnis: verjährt.Auf später vertröstet


Im Juli 2013 heißt es in einer E-Mail des Offizials Georg Holkenbrink an Tobias D., das Bistum ermittle noch. "Es wird wohl noch etwas dauern, bis wir schließlich auch mit Ihnen noch einmal das Gespräch suchen werden", heißt es weiter.

Die Angabe des Bistums, alle vor Februar 2013 gestellten Anträge seien bewilligt worden, brachte nun bei Tobias D. das sprichwörtliche Fass zum überlaufen: "Als Betroffener einer Lüge fühle ich mich nicht ernst genommen sondern ignoriert. Genau so fühlte ich mich vor 28 Jahren, als ich vielen Erwachsenen mein Erlebnis schilderte - alle waren bestürzt, doch niemand setzte sich für mich ein."

Laut Hermann Schell von der Opferinitiative Schafsbrief ist über einen weiteren Antrag, der im vergangenen Jahr gestellt wurde, noch nicht entschieden. Die Angabe des Bistums stimme nicht, behauptet Schell. Auf die Frage, wie sich die offensichtliche Diskrepanz zwischen der Angabe des Bistums, alle 56 vor Februar gestellten Anträge seien bewilligt worden, und den beiden offenen Anträgen erklärt, sagte Bistumssprecher André Uzulis: "Im Hinblick auf die laufenden Verfahren werde ich Ihre Nachfrage nicht beantworten.""Erneut diffamiert"

Die Opferinitiativen empören sich: "Auf dem Rücken der Opfer wird eine Erfolgsgeschichte erfunden", behauptet Thomas Schnitzler, Sprecher der Trierer Opferinitiative Missbit. In einer gemeinsamen Presseerklärung von Missbit und Schafsbrief heißt es: "Es ist nicht hinnehmbar, dass der Beauftragte der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs in seinem Bistum falsche Angaben über die Anträge der Betroffenen macht und sich die Betroffenen somit erneut diffamiert fühlen. Zudem wird die Öffentlichkeit dadurch getäuscht." Die Initiativen fordern den Rücktritt von Bischof Stephan Ackermann als Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz.
Insider berichten, dass der von Tobias D. beschuldigte Priester im Bistum Trier ungeachtet der Vorwürfe Messen hält.

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