Falsche Verdächtigung nach Moselsprung - Trierer Polizist zu Geldstrafe verurteilt

Trier · Das Trierer Amtsgericht hat gestern einen Polizisten wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Zwei seiner Kollegen wurden freigesprochen. Hintergrund ist ein Polizeieinsatz vor drei Jahren.

Trier. Die drei Angeklagten wirken angespannt, ihre Minen versteinert. Die drei Polizisten, eine Kommissarin, ein Kommissar und ein Oberkommissar, wissen, dass von dem Urteil, das Richter Hans-Jürgen Ferring an diesem Dienstag in wenigen Augenblicken verkünden wird, ihre berufliche Existenz abhängt. Wenn sie nämlich als Straftäter verurteilt werden, dann droht ihnen der Rausschmiss aus dem Polizeidienst.
Das Verbrechen, das sie begangen haben sollen, lautet: Verdächtigung eines Unschuldigen. Zwischen drei Monaten und zehn Jahren Haft sieht das Strafgesetzbuch dafür vor. Als der Richter gestern kurz nach 16 Uhr im Saal 54 des Trierer Amtsgerichts verkündet, dass die Kommissarin und der Oberkommissar von den Vorwürfen freigesprochen werden, bleiben die beiden angespannt. Vielleicht auch deshalb, weil Ferring, der von einem sehr komplexen Verfahren spricht, ihren Kollegen zu einer Geldstrafe (120 Tagessätze von je 60 Euro) verurteilt. Welche Konsequenzen das für die berufliche Karriere des Polizisten hat, ist zunächst unklar. Allerdings liegt die Strafe deutlich unter der Forderung von Staatsanwalt Christian Schmidt. Er hat zehn Monate Freiheitsstrafe auf Bewährung für alle drei gefordert. Die Verteidiger der Polizisten haben auf Freispruch plädiert.
Der Fall: Bei dem seit April laufenden Prozess geht es um die Folgen eines Polizeieinsatzes im Juni 2013. Ein stark alkoholisierter 37-Jähriger, der sich selbst als Extremsportler bezeichnet, ist frühmorgens von der Trierer Römerbrücke in die Mosel gesprungen. Zeugen setzen einen Notruf ab. Der Mann schwimmt ans Ufer und geht in nassen Kleidern zu den mittlerweile auf der Brücke stehenden Polizisten und sagt ihnen, dass er der Brückenspringer sei.
All das ist zu sehen auf einem Handy-Video, das ein Bekannter des 37-Jährigen gemacht hat. Ebenso, wie der Polizist den Mann lautstark anbrüllt, ihn hart angeht, gegen das Brückengeländer drückt und später - die Hände auf dem Rücken gefesselt - mit dem Kopf auf die Motorhaube des Streifenwagens beugt. Der Beamte habe die Kontrolle verloren, sagt der Richter bei der Urteilsverkündung. Als Begründung für das Anbrüllen nennt der Polizist im Prozess die Tatsache, dass Tage vor diesem Einsatz ein 16-Jähriger in Konz von der Eisenbahnbrücke in die Mosel gesprungen war. Seine Leiche wurde Tage später aus dem Fluss geborgen. Nicht zu sehen ist aber auf dem Video, das sagt auch der Richter, dass der 37-Jährige Widerstand geleistet und versucht habe, den Polizisten zu schlagen. Doch genau dieser Vorwurf findet sich in dem Einsatzbericht wieder, der von den drei Angeklagten - der dritte Polizist ist zunächst am Moselufer im Einsatz, bevor er zu seinen Kollegen auf die Brücke kommt - fünf Tage nach dem Vorfall verfasst worden ist. Vor allem im Einsatzbericht des Kommissars fänden sich fiktive und wissentlich falsche Darstellungen, sagt der Richter. Damit sollten Fehler bei dem Einsatz (keine Belehrung des Brückenspringers über seine Rechte, keine Feststellung der Identität, kein Grund zu der erfolgten Verbringung in Polizeigewahrsam) kaschiert werden. Er habe den Mann bewusst falsch verdächtigt und deswegen auch angezeigt, ist Ferring überzeugt. Bei den beiden Mitangeklagten könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie den Vorwurf irrtümlich erhoben hätten. Nachdem der Brückenspringer der Staatsanwaltschaft das Handy-Video vorgelegt hatte, waren die Ermittlungen gegen ihn eingestellt und die gegen die drei Polizisten aufgenommen worden.

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