Forscher: Offizielle Kriminalstatistik verfälscht Bild von Ausländern

Berlin · Die offizielle Statistik über Ausländerkriminalität täuscht – jedenfalls was die Jugendlichen angeht. In dieser Altersgruppe lässt sich das Vorurteil, dass Migranten häufiger straffällig seien als Deutschstämmige, nicht bestätigen, ergab eine Studie des Münsteraner Kriminologen Christian Walburg.

Christian Walburg, Kriminologe, hat eine sogenannte Metastudie vorgenommen - also verschiedene Statistiken und Befragungen ausgewertet und nach gemeinsamen Ergebnissen gesucht. Sein Papier, das im Auftrag des "Mediendienstes Integration" erstellt wurde, liegt dem Trierischen Volksfreund vor.

Demnach ist die offizielle Kriminalitätsstatistik schon von ihrer Anlage her nicht aussagekräftig. So werden dort nur Tatverdächtige erfasst, und diese nach solchen mit deutscher Staatsangehörigkeit und ohne unterschieden. Nach der letzten Statistik von 2013 gab es 190.205 Tatverdächtige in jugendlichem Alter, darunter 38.151 Nichtdeutsche.

Das wäre weit mehr als der Ausländeranteil von rund 8,8 Prozent an der Bevölkerung. Laut Walburg werden dabei jedoch auch Ausländer mitgezählt, die gar nicht in Deutschland wohnen, sondern auf der Durchreise sind oder Straftaten aus dem Ausland heraus begehen. Ein Großteil der Bandenkriminalität falle darunter. Etwa 20 Prozent der Straftaten seien deshalb abzuziehen. Hinzu komme in ähnlicher Größenordnung ein Abzug wegen eines anderen Anzeigeverhaltens gegenüber ausländischen Jugendlichen. Das hätten Opferbefragungen ergeben.

Bei Ausländern würde eher die Polizei eingeschaltet. Zu berücksichtigen sei ferner, dass ausländische Jugendliche vor allem in städtischen Ballungszentren wohnen, wo die Kriminalität generell höher ist. Schließlich gebe es noch eine ganze Reihe von Delikten, die nur Ausländer begehen können, etwa Verstöße gegen das Ausländerrecht. Auf der anderen Seite werden in der offiziellen Statistik viele Tatverdächtige mit Migrationshintergrund nicht als Ausländer registriert, weil sie offiziell Deutsche sind. Eine Berliner Statistik von 2012, die auf den Migrationshintergrund statt auf die Staatsangehörigkeit abhob, ergab insgesamt nur eine geringfügig höhere Kriminalität von Migranten.

Laut Walburg bilden Befragungen unter Jugendlichen die Realität besser ab als die offiziellen Statistiken. Alle verfügbaren derartigen Erhebungen ergeben, dass es bei leichten, alterstypischen Straftaten keinen Unterschied zwischen Jugendlichen mit Migrationshintergrund und deutschen Jugendlichen gibt. Bei Diebstählen und Ladendiebstählen seien Migrantenkinder sogar weniger auffällig.

Dies gelte vor allem für türkische Jugendliche. Bei ihnen fehlten zudem vielfach Delikte, die mit Alkohol zu tun hätten, auch sei bei besonders religiösen muslimischen Jugendlichen die Gewaltbereitschaft geringer. Ansonsten gibt es bei gewalttätigem Verhalten laut Walburg wohl Unterschiede zu Lasten der Migranten. So gaben bei einer Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Hannover 11,5 Prozent der deutschen Jugendlichen an, in den letzten zwölf Monaten ein Gewaltdelikt begangen zu haben. Der Anteil der ausländischen Jugendlichen lag hier höher, allerdings bei allen Herkunftsregionen. Ex-Jugoslawien und der Balkan kamen auf 22 Prozent, die Türkei, Südamerika und Italien auf 20 Prozent und auch sonstige Länder West- und Nordeuropas noch auf 14 Prozent. Generell hänge dieses Deliktfeld auch vom Bildungsgrad ab, weswegen, so der Autor, Bildungsbeteiligung von Jugendlichen aus Migrantenfamilien "ein wesentlicher Schlüssel zur Verringerung" der Kriminalität sei.

Die komplette Studie finden Sie auf http://www.mediendienst-integration.deKriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Trier

Auch die jüngste Kriminalitätsstatistik des Polizeipräsidiums Trier registriert einen steigenden Anteil von Taten, die durch Ausländer begangen wurden. Dies liegt daran, dass es allein mehr als 4000 Verstöße gegen das Aufenthalts- und Asylrecht gibt, bedingt durch die Ausweitung der Zentralen Aufnahmeeinrichtung in der Stadt Trier. Laut Polizei sind diese Verstöße aber nicht strafrelevant.

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