Gefährliche Keime aus der Tiermast breiten sich aus - Experten: Risiko durch Antibiotika-Einsatz

Trier · Für Menschen gefährliche Keime breiten sich aus, weil sie resistent gegen Antibiotikum geworden sind. Auch in der Region werden bei immer mehr Patienten in Krankenhäusern solche Bakterien nachgewiesen. Ärzte und Landesministerin weisen auf den Zusammenhang mit dem Medikamenteneinsatz in der Tierzucht hin.

 Weit verbreitete Keime (Details siehe Bericht auf dieser Seite ganz unten): MRSA (Foto oben und unten links) sowie ESBL (rechts) und VRE. Fotos: obs/3M Deutschland GmbH/rz

Weit verbreitete Keime (Details siehe Bericht auf dieser Seite ganz unten): MRSA (Foto oben und unten links) sowie ESBL (rechts) und VRE. Fotos: obs/3M Deutschland GmbH/rz

1772-mal haben Ärzte im vergangenen Jahr bei Krankenhauspatienten aus der Region resistente Keime festgestellt. Das sind Keime, die nicht auf Antibiotika reagieren. Die Zahlen gehen auf Recherchen der Wochenzeitung Die Zeit, von Zeit online und des Recherchebüros Correct!V zurück. Am häufigsten wurden demzufolge MRSA-Keime nachgewiesen: 718-mal. Bei 129.313 Patienten, die 2013 in den Krankenhäusern der Region behandelt wurden, entspricht dies knapp 0,6 Prozent der Behandelten; durchschnittlich bei jedem 180. Patienten kommen solche Keime vor.

Mehr Keime auf dem Land

Auffallend ist, dass vor allem in den vier Landkreisen Vulkaneifel, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm sowie Trier-Saarburg die Zahl der festgestellten Keiminfektionen deutlich höher ist als etwa in der Stadt Trier. Allein im Eifelkreis Bitburg-Prüm wurden im vergangenen Jahr in 418 Fällen resistente Keime diagnostiziert, in 193 dieser Fälle handelte es sich um MRSA - das sind 80 Prozent mehr als noch 2010.

Laut den Recherchen tragen Landwirte und Tierärzte besonders häufig resistente Keime in sich. Jeder vierte Mensch, der beruflich mit Schweinen und Hühnern zu tun habe, habe einen bei Tieren nachgewiesenen MRSA-Typ im Blut. Über Abluft aus den Ställen und Kot der Tiere würden resistente Bakterien auf Menschen übertragen. Durch Gülle sickerten die Keime in die Böden und ins Wasser und gelangten etwa auf Salat und Kartoffeln.

Zu viele Medikamente im Stall?

Oliver Kunitz, medizinischer Geschäftsführer des Trierer Mutterhauses, sieht darin eine Gefahr. Durch Antibiotika-Einsatz in der Mast würden Keime zunächst in den Tieren resistent gegen die Medikamente. Die Keime könnten dann auf die Menschen übertragen werden.

Mit den Antibiotika soll verhindert werden, dass etwa eng gehaltenes und abwehrgeschwächtes Geflügel erkrankt und bei der Zucht stirbt. Kunitz fordert daher ein Verbot von Antibiotika in der Tiermast. Der Trierer Mikrobiologe Ernst Kühnen sieht Antibiotika in der Tiermast als Risiko an. Er hält es aber für übertrieben, keine landwirtschaftlichen Produkte mehr zu essen. Die Gefahr, sich dadurch zu infizieren, hält er für gering.

Die rheinland-pfälzische Landwirtschaftsministerin Ulrike Höfken (Grüne) warnt hingegen: "Durch den eindeutig zu hohen Antibiotika-Einsatz in der industriellen Tierhaltung besteht eine massive Gefahr für die Gesundheit von Mensch und Tier." In Rheinland-Pfalz würden daher seit diesem Jahr nur noch tiergerecht gebaute Ställe finanziell vom Land gefördert, sagt Höfken dem Volksfreund.

Tödliche Keime
Wir zeigen, wie häufig deutsche Krankenhäuser mit den gefährlichsten multiresistenten Keimen zu kämpfen haben. Und wie sich die Gefahr seit 2010 entwickelt hat:

Land und Kliniken kämpfen gegen gefährliche Keime

Das sind die gefährlichen Erreger

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort