Geheim, gefährlich und gut geschützt

Büchel · Was genau aktuell in Büchel passiert, ist zwar höchst geheim. Dennoch ist durchgesickert, dass die Nato dort aktuell den Umgang mit US-Atombomben trainiert. Die echten Sprengkörper kommen einem Friedensforscher zufolge dabei nicht zum Einsatz, da dies viel zu gefährlich wäre.

Büchel. Jenseits eines wehrhaften Zauns, der den Fliegerhorst Büchel von den Eifeler Wiesen trennt, sollen sie liegen: die letzten US-Atombomben auf dem Gebiet der Bundesrepublik. In den Flugzeug-Sheltern, unter mächtigen Abdeckplatten, verstaut in unterirdischen Magazinen. Rund 20 an der Zahl. Bewacht von 140 Soldaten, die der Air Base Spangdahlem untergeordnet sind, und der Luftwaffensicherungsstaffel S (wie Sonderwaffen) des taktischen Luftwaffengeschwaders 33.
Und dort dürften die Bomben sich auch derzeit befinden - obwohl das deutsche Geschwader sich mit einer Viertelmillion Euro an einem Nato-Atomwaffen-Training beteiligt, das das Zusammenspiel der Partner für den Ernstfall verbessern soll. "Sie trainieren nie mit echten Bomben. Das wäre viel zu gefährlich", sagt Otfried Nassauer, Direktor des Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit. Stattdessen kämen Trainingsbomben zum Einsatz, denen der Sprengkopf fehle. Mit diesen könne man alles üben - vom Herausholen der Bomben aus dem Lager übers Anbauen an den Tornado-Jet, das Scharfmachen bis hin zur Eingabe des Sicherheitscodes, sagt der Friedensforscher. Für Übungsflüge würden die Trainingsbomben nicht verwendet, da sie dafür zu wertvoll seien. Auch dafür gebe es spezielle Übungsbomben.
Von offizieller Seite ist wenig zu erfahren. Die Bundesregierung schweigt aus Geheimhaltungsgründen generell zu den Kernwaffen. Dass dieses Mal doch einiges nach außen drang, ist paradoxerweise eben jenem Wunsch nach Geheimhaltung geschuldet: Man hatte offenbar versucht, ein Manöver namens Cold Igloo als Deckmantel für die Nato-Atombombenübung namens Steadfast Noon zu nutzen, die jährlich an wechselnden Luftwaffenstandorten stattfindet. Der grüne Bundestagsabgeordnete Tobias Lindner wollte mehr über Cold Igloo wissen und erfuhr vom Verteidigungsministerium, dass Deutschland, Belgien, Griechenland, Italien, die Niederlande, Polen, Tschechien, die Türkei und die USA in Büchel gemeinsame Luftkriegsführung üben. Zwei Tage später teilte die griechische Luftwaffe mit, dass sie sich vom 12. bis 16. Oktober mit drei Flugzeugen an der Nato-Übung Steadfast Noon in Büchel beteilige - und damit war die Katze aus dem Sack. Die Nato bestätigte die Meldung der Griechen.
Nassauer zufolge ist der Kreis der Teilnehmenden diesmal ungewöhnlich groß, was er als Signal in Richtung Russland deutet: Die Nato will Einigkeit demonstrieren und ihren Mitgliedern am östlichen und südlichen Rand signalisieren, dass die atomare Abschreckung weiterhin besteht.
So ländlich die Eifel auch sein mag - dort sind die Spannungen zwischen den USA und Russland zuletzt deutlich zutage getreten. Dass die USA ihre in Büchel lagernden Atomwaffen gegen modernere austauschen wollen, empfindet man in Moskau als Provokation. Auch spielt Spangdahlem für die USA eine wichtige Rolle, wenn sie zeigen will, wie gut Europa bewacht wird: Die Spangdahlemer F-16 zeigen in Osteuropa Flagge, die vermeintlich für immer abgezogenen A-10-Flugzeuge (Warzenschweine) kehren für mehrere Monate in die Eifel zurück, und kürzlich erst waren sogar F-22-Tarnkappenjets da, um Russland Stärke zu demonstrieren.
Während andere US-Stützpunkte schließen, werden in Rheinland-Pfalz 2500 zusätzliche Soldaten stationiert: 1300 kommen nach Spangdahlem, 700 nach Ramstein, 500 nach Landstuhl. Das Land entwickelt sich zu einem bedeutenden US-militärischen Zentrum in Europa. Auch diese Entwicklung dürfte Moskau mit Interesse verfolgen.

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