Geschlossene Balkanroute verschafft eine Atempause

Trier · Auch im Vulkaneifelkreis spürt man, dass die sogenannte Balkanroute für Flüchtlinge dicht ist. 30 Asylbewerber wurden den dortigen Kommunen in den letzten Wochen zugewiesen, in den ersten drei Monaten waren es noch 133.

Geschlossene Balkanroute verschafft eine Atempause
Foto: Friedemann Vetter

Trier. Anfang des Jahres hat es zunächst noch so ausgesehen, als würde die Zahl der Flüchtlinge, die den Kommunen zugewiesen werden, mindestens genauso hoch sein, wie im vergangenen Jahr. 501 Asylbewerber, die nach ihrer Ankunft vorübergehend in Aufnahmeeinrichtungen des Landes untergebracht waren, wurden in den ersten vier Monaten diesen Jahres dem Landkreis Trier-Saarburg zugewiesen. Von Mai bis August ist diese Zahl nach Auskunft von Kreisverwaltungssprecher Thomas Müller auf 144 zurückgegangen.

Grund dafür: Im März ist die sogenannte Balkanroute, über die bislang die meisten Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind faktisch dichtgemacht worden, nachdem die Türkei sich bereit erklärt, die dort gestrandeten Flüchtlinge nicht mehr ausreisen zu lassen. Auch in Trier spricht man von einem starken Rückgang der zugewiesenen Flüchtlinge.
Nach Auskunft der Stadtverwaltung rechnet man derzeit mit weniger als zehn neu hinzukommenden Asylbewerbern.

Von den 1365 der Stadt Trier zugewiesenen Personen sind 557 in diesem Jahr gekommen. In den Vulkaneifelkreis sind im dritten Quartel diesen Jahres gerade Mal 30 Flüchtlinge gekommen. Insgesamt leben dort 537 Asylbewerber.
Die Verteilung der Asylsuchenden von den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie drei Monate bleiben, auf die Kommunen im Land erfolgt nach einem bestimmten Schlüssel, der sich nach der jeweiligen Einwohnerzahl richtet.

Insgesamt sind bislang 13.194 Flüchtlinge in diesem Jahr in Rheinland-Pfalz registriert worden, fast 7000 weniger als im gleichen Zeitraum 2015. Bis Ende vergangenen Jahres sind laut rheinland-pfälzischen Integrationsministeriums 53.000 Asylbewerber ins Land gekommen. 1029 abgelehnte Asylbewerber haben Rheinland-Pfalz verlassen, die meisten davon freiwillig, wie Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) gestern im Landtag mitteilte.

Sie wagt derzeit keine Prognose, ob die Zahl weiter zurückgehen oder so niedrig bleiben wird. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in den Krisengebieten weltweit sei eine verlässliche Voraussage der Flüchtlingszahlen nicht möglich, sagte sie gegenüber unserer Zeitung. "Wir müssen Fluchtursachen bekämpfen und so den Menschen ein würdiges Leben in ihren Herkunftsländern ermöglichen." Voraussetzungen dafür seien eine friedliche Beendigung von Kriegen, eine gute Entwicklungspolitik und ein effektiver Klimaschutz.

"Wir müssen dafür sorgen, dass arme Länder wirtschaftlich auf die Beine kommen und ihrer Bevölkerung ein Leben ohne Hunger und extreme Armut ermöglichen können", so Spiegel.

Obwohl es derzeit beim Thema Flüchtlinge eine Entspannung gibt, beschäftigt es weiter die Politik. Neben der Abschiebung geht es auch um die sogenannte Wohnsitzauflage. Rheinland-Pfalz will, anders als andere Bundesländer, den in den Kommunen lebenden Asylbewerbern nicht vorschreiben, dass sie bis Ende ihres Asylverfahrens in dem ihnen zugewiesenen Ort bleiben müssen.

Die CDU fordert eine solche Auflage, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge überwiegend in größere Städte ziehen. Dafür gebe es bislang keine Belege, sagte Spiegel im Landtag. Daher sehe man keinen Bedarf für eine solche Auflage.
Extra

Das rheinland-pfälzische Innenministerium kann derzeit nicht ausschließen, dass unter den ins Land gekommenen Flüchtlingen auch Mitglieder militanter Gruppen, terroristischer Organisationen oder "Einzelpersonen extremistischer Gesinnung befinden könnten". Alle bei der Polizei eingehenden Hinweisen werde nachgegangen, sagte ein Ministeriumssprecher dem TV. Überwiegend kämen die Hinweise von anderen Flüchtlingen, die zum Beispiel mitteilten, Mitglieder der Terrororganisation IS aus der Heimatregion wiedererkannt zu haben, oder IS-Symbole bei anderen Flüchtlingen gesehen zu haben.

18 solcher Hinweise auf mutmaßliche Kämpfer, Mitglieder, Unterstützer oder Sympathisanten terroristischer Vereinigungen oder mutmaßliche islamistisch-motivierte Kriegsverbrecher hätten die Sicherheitsbehörden von Anfang 2015 bis Ende Februar 2016 erhalten. "In der Mehrheit der Fälle konnten die Hinweise nach den Ermittlungen jedoch nicht bestätigt werden. In acht Fällen sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen", so der Ministeriumssprecher. Es habe auch Kontaktaufnahmen von Islamisten zu Flüchtlingen gegeben, zumeist unter dem Vorwand, man wolle ihnen helfen. wie

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