Gezerre im Drohnen-Debakel geht weiter

Berlin · In der Drohnen-Affäre wird es ernst: Morgen tritt Thomas de Maizière (CDU) in den Zeugenstand. Die Meiningen der Mitglieder im Untersuchungsausschuss könnten unterdessen nicht weiter voneinander entfernt sein.

Berlin. "Ganz klar entlastet", hat die CDU gestern ihren Verteidigungsminister Thomas de Maizière gesehen. "Auch die letzte Verteidigungslinie ist gefallen", befand hingegen die Opposition. Es war, als wären die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Debakels um die Aufklärungsdrohne Euro Hawk auf verschiedenen Veranstaltungen gewesen. Das dürfte sich heute und morgen noch zuspitzen. Dann kommen erst de Maizières Staatssekretäre und am Mittwoch er selbst in den Zeugenstand. Unter Eid.
Es geht um die Zukunft des 59-jährigen CDU-Politikers. Oder nicht? Glaubt man Presseberichten, so hat Kanzlerin Angela Merkel intern bereits wissen lassen, dass sie an de Maizière in jedem Fall festhalten will, sogar dann, wenn der selbst um seine Entlassung bitten würde. Er sei eine große Stütze im Kabinett. Und wohl noch mehr. Immerhin war es de Maizière, der im Frühjahr 1990 seinem Onkel Lothar, damals Ministerpräsident der DDR, die völlig unbekannte Angela Merkel als stellvertretende Regierungssprecherin empfahl. Das war der Startschuss ihrer fulminanten Karriere.
Nun braucht er ihre Hilfe - und bekommt sie. Die Kanzlerin habe immer gesagt, dass sie ihm vertraue und ihn schätze, sagte gestern Vizeregierungssprecher Georg Streiter. "Einen größeren Rückhalt kann man sich doch gar nicht wünschen." SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles empörte sich postwendend über diesen "Persilschein" und beschwor erneut die Position ihrer Partei: "Wer das Parlament und die Öffentlichkeit belügt, muss zurücktreten". Darum geht es bei den letzten mit Spannung erwarteten Vernehmungen. De Maizière hatte öffentlich bekundet, erst am 13. Mai von seinen Staatsekretären über das Scheitern des Euro-Hawk-Projektes informiert worden zu sein. Vorher habe er nur allgemein von Problemen gewusst, die aber immer als lösbar dargestellt worden seien.
Gegen die Version spricht unter anderem ein interner Vermerk zur Vorbereitung auf einen Besuch des Ministers beim Hersteller EADS am 10. Dezember 2012, in dem von einem hohen finanziellen und technischen Risiko des Euro Hawk die Rede ist. Ein Manager von EADS sagte gestern als Zeuge, dass bei de Maizières Visite tatsächlich über Zulassungsprobleme von Drohnen gesprochen worden sei, aber nur allgemein, nicht speziell zum Euro Hawk.
Die Opposition hält das für wenig glaubhaft, zumal es bereits im Januar und Februar 2012 interne Mails und Sachstandsberichte an die Leitung des Verteidigungsministeriums gab, die von massiven Problemen berichteten. An einem der Vermerke notierte Staatssekretär Stéphane Beemelmans, der Minister habe die Vorbereitung gelobt. Wie das zu verstehen ist, muss Beemelmans, seit Jahren der engste Vertraute des Ministers, heute erklären. Und de Maizière morgen. Neben dem Vorwurf der Lüge geht es auch um die Frage, warum de Maizière das Projekt nicht früher stoppte und so den Schaden verringerte.

Hauruck-Ausstieg überflüssig?


Die Rüstungsmanager, die gestern verhört wurden, finden den Hauruck-Ausstieg vom Mai allerdings ohnehin überflüssig. Die Zusatzkosten für eine Musterzulassung des Euro Hawk für den europäischen Luftraum hätten nicht bei den vom Ministerium befürchteten 600, sondern bei nur 160 bis 193 Millionen Euro gelegen, befand ein Vertreter des amerikanischen Drohnen-Herstellers Northrop.
Und ein Vertreter von EADS, das speziell für den Euro Hawk die circa 250 Millionen Euro teure Aufklärungstechnik ISIS entwickelt hatte, machte deutlich, dass es nicht so leicht sein werde, dafür ein anderes Trägerflugzeug zu finden. Eine der Varianten wäre die Entwicklung einer über eine Milliarde Euro teuren europäischen Drohne durch - natürlich - EADS.

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