Hauen und Stechen bei den Linken

Mainz · Wolfgang Ferner aus Rommersheim bei Prüm ist 2010 mit dem Vorsatz Landesvorsitzender der Linken geworden, die Partei zu befrieden. Drei Jahre später stellt er fest: "Damit bin ich gescheitert." Ferner gibt seinen Posten ab.

Mainz. Ein achtbares Ergebnis bei der Bundestagswahl, zwei rheinland-pfälzische Abgeordnete im Parlament: Man könnte meinen, die Linkspartei habe Grund zur Zufriedenheit. Doch das Gegenteil ist der Fall. Seit vielen Jahren schwelen innerparteiliche Konflikte, die jetzt eskaliert sind. Neun Mitglieder des Landesvorstands, darunter die Vorsitzenden Alexandra Erikson und Wolfgang Ferner sowie zwei Stellvertreter, sind zurückgetreten. "Wir haben diesen Zeitpunkt wohl überlegt", sagt Ferner.
In einem öffentlichen Erklärungsschreiben werden schwere Vorwürfe formuliert. Adressaten: die beiden anderen Landesvorsitzenden Katrin Werner aus Trier und Alexander Ulrich aus Kaiserslautern. Beide haben vor zwei Monaten den erneuten Sprung in den Bundestag geschafft. Ihnen wird insbesondere vorgehalten, die in der Parteisatzung festgeschriebene Trennung von Amt und Mandat zu hintertreiben und einen Mitgliederentscheid zu ignorieren.
Im Prinzip stehen sich bei der Linken laut Insidern zwei Lager gegenüber: Auf der einen Seite sind das die beiden Bundestagsabgeordneten mit ihren jeweils fünf hauptamtlichen Mitarbeitern, die zum Teil Kreisvorsitzende sind. Diese Seite ist voll im Politbetrieb berufstätig. Das andere Lager nicht. Hier gehen alle einem geregelten Job nach und betreiben Politik nebenbei.
Werner und Ulrich wird vorgeworfen, alles zur Sicherung ihres Einflusses zu unternehmen, aber nichts für die politische und strukturelle Entwicklung der Partei. Es gehe ihnen nur um ihre Mandate, nicht um Inhalte. Sie hätten etwa die Listenaufstellung für die Bundestagswahl instrumentalisiert. "Dieser Politikstil befördert auschließlich den Aufbau eines Funktionärskaders und konterkariert den Anspruch einer modernen Mitgliederpartei", heißt es im Rücktrittsschreiben. Die Linke hat in Rheinland-Pfalz rund 1700 Mitglieder.
Wolfgang Ferner will sich nicht näher zu den Zerwürfnissen äußern. Ein Satz von ihm spricht Bände. "Was mich am meisten ärgert: Wir streiten nicht über Inhalte, sondern über persönliche Befindlichkeiten." Harte Ausein-andersetzungen seien in Ordnung, doch es dürfe nicht unter die Gürtellinie gehen. Der Jurist spielt wohl auf den jahrelangen Streit zwischen Alexander Ulrich und Katrin Senger-Schäfer an, der die Partei gespalten hat. Auf die Frage, ob Ferner beim Parteitag am 23. November in Montabaur oder später bei einem Sonderparteitag erneut für den Landesvorstand kandidiert, antwortet der 61-Jährige: "Unter den derzeitigen Gegebenheiten nicht." Es sei an der Zeit, Jüngeren Platz zu machen und sich auf die kommunale Ebene zu konzentrieren. Ferner ist Mitglied des Kreistags Bitburg-Prüm.
Die Zurückgetretenen erhoffen sich von ihrer Aktion einen Schub für die Kommunalwahl. Man müsse die politische Arbeit auf die Kreisverbände konzentrieren und die Partei von der Basis her aufbauen. Ob das gelingt, erscheint jedoch fraglich. Zu lange schon gärt es in der Partei. "In den letzten acht Monaten haben wir keinerlei Fortschritt gemacht", sagt ein Mitglied.
Katrin Werner, die für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, und Alexander Ulrich denken derweil nicht daran, ihre Machtansprüche aufzugeben. Einig sind sie sich mit ihren Gegnern darin, dass das Modell mit vier Landesvorsitzenden gescheitert ist - aber für sie war "von Anfang an klar", dass nach der Bundestagswahl Neuwahlen anstehen. "Wir werden uns dieser Verantwortung für die Landespartei auch weiter stellen", betonen beide in einer Mitteilung.

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