Infantino nur ein Blattini-Klon? - So tickt der neue FIFA-Chef

Zürich (dpa) · Gianni Infantino ist 35 Jahre jünger als Joseph Blatter und konnte nie so gut Fußball spielen wie Michel Platini. Dennoch wird der neue FIFA-Chef selbstverständlich mit seinem Vorgänger Blatter und seinem Förderer Platini verglichen.

Dem neuen FIFA-Chef Gianni Infantino wird von seinen Kritikern vorgehalten, ein junge Kopie von Joseph Blatter zu sein. Auch die Nähe zu seinem Förderer Michel Platini macht ihn angreifbar. In seiner neuen Rolle als Präsident des Fußball-Weltverbandes wird sich der Schweizer von den gesperrten Funktionärs-Alpha-Tieren emanzipieren müssen. Doch noch sind manche Parallelen in Lebenslauf und Einstellung offenkundig.

Die Parallelen zwischen Infantino und Blatter:

Die Familie: In seiner letzten Wahlkampfrede sprach Infantino von den moralischen Werten, die ihm seine Eltern vermittelt haben. Sein erster Dank nach der Wahl galt Mama und Papa. Das klang doch sehr nach emotionaler Blatter-Rhetorik. Der Ex-Chef erzählte immer wieder, dass ihm sein Vater rechtschaffendes Wirtschaften eingebläut hatte. Mit seiner Mutter führe er auch nach deren Tod noch Gespräche.

Die Herkunft: Was für ein Zufall. Infantinos Geburtsort Brig ist nur zehn Kilometer von Blatters Heimatdorf Visp entfernt. Mit der Regionalbahn braucht man sechs Minuten. Von privaten Kontakten der Familien Blatter und Infantino ist aber nichts bekannt.

Die Finanzen: Beim Geld hört die Freundschaft auf. Oder sie fängt gerade erst an. Spendierfreudig flog Infantino um die Welt und versprach eine satte Erhöhung der FIFA-Zuschüsse für jedes Land auf fünf Millionen Dollar alle vier Jahre. Diesen Wahlkampf-Kniff hatte auch Blatter perfektioniert - zuletzt bei einer Verdoppelung der Zuwendungen auf gut zwei Millionen Dollar pro Verband im Vorfeld seiner letzten Präsidentschaftskandidatur. Der Unterschied: Infantino verspricht, dass er die Verwendung der Zuschüsse knallhart kontrollieren wird. Das hatte im System Blatter nicht funktioniert.

Die Vision: 40 Mannschaften bei einer WM? Diese Idee gab es auch schon zu Blatter-Zeiten. Unter ihm als Generalsekretär wurde schon der Sprung von 24 auf 32 Teams vollzogen. Infantino hat die 40er-WM in seinen Masterplan als Top-Thema aufgenommen und das gegen den Widerstand seiner europäischen Verbündeten. Ob er dies umsetzen kann, wird ein Politikum seiner ersten Amtszeit sein. Unterschätzen darf man seine Durchsetzungskraft nicht. Eine entscheidende Rolle spielte er auch bei der EM-Ausweitung von 16 auf 24 Teams.

Die Parallelen mit Platini:

Die Nähe: Infantino und Platini sind über Jahre enge Vertraute gewesen. Nach dem Aufstieg des Franzosen zum UEFA-Chef kletterte Infantino in der Verbandshierarchie zum Generalsekretär auf. Beide arbeiteten seitdem Hand in Hand, entwarfen viele Projekte wie die Pan-Europa-EM 2020. Auch nach der Sperre für Platini hielt offenbar der gute Kontakt. Bei einer Fußball-Gala am Golf saßen sie gemeinsam am Tisch. Hartnäckigen Gerüchten zufolge hielten sie in den vergangenen Monaten auch für operative UEFA-Geschäfte Kontakt, doch dieser klare Verstoß gegen die Ethikregeln ist nicht belegt.

Die Distanz: Kein Wort sprach Infantino über Platini an seinem großen Wahltag in Zürich. Erst bei der Pressekonferenz wurde er dazu quasi gezwungen - die Worte klangen warmherzig und doch beliebig. Natürlich sei er in Gedanken bei seinem Freund und Förderer. Aber er danke vielen Menschen, die ihm beim Aufstieg zum Top-Fußball-Funktionär halfen. Ungewöhnlich technisch klangen auch viele UEFA-Statements zur Unterstützung Platinis im Kampf gegen seine Sperre.

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