Ja zum A-1-Lückenschluss: Bitterer Beschluss für Grüne

Mainz · Weniger Straßenbau, bessere Bahnstrecken und modernere Wasserstraßen: Das sind die Leitlinien der rot-grünen Verkehrspolitik in Rheinland-Pfalz. Nach langem internem Ringen hat die Koalition ein Konzept beschlossen.

Manche Termine werden in der Landeshauptstadt wie ein Staatsgeheimnis gehütet. Die Sitzungen des Koalitionsausschusses zählen dazu. In diesem kleinen Kreis verhandeln hinter verschlossenen Türen Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Staatskanzlei-Chefin Jacqueline Kraege, Innenminister Roger Lewentz und Fraktionschef Hendrik Hering für die SPD sowie Wirtschaftsministerin Eveline Lemke, Umweltministerin Ulrike Höfken, Fraktionschef Daniel Köbler und die Landesvorsitzende Britta Steck für die Grünen. Sie tagen nur vier Mal im Jahr und treffen jeweils wichtige Entscheidungen.

Im Februar brachte der Koalitionsausschuss den Nachtragshaushalt auf den Weg. Und am Montagabend setzten sich die Politiker bis tief in die Nacht hin, um endlich den Knoten bei den lange strittigen Verkehrsprojekten in Rheinland-Pfalz zu durchschlagen. Herausgekommen ist ein Paket, das die Koalitionäre als "ausgewogen" loben. Sie sähen sich ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung verpflichtet. Diesem Leitgedanken folgten auch die Anmeldungen für den Bundesverkehrswegeplan.

Die Notwendigkeit, für diesen Plan bis spätestens September die Landesprojekte beim Bund anmelden zu müssen, hat letztlich den Entscheidungsprozess rasant beschleunigt. Die Grünen hätten dem Vernehmen nach gerne noch länger verhandelt, insbesondere um den ungeliebten A-1-Lückenschluss zu verhindern, entschlossen sich aber dann, Nägel mit Köpfen zu machen. Die Runde hat beschlossen, 80 Straßenprojekte beim Bund anzumelden. 2003 waren es noch fast doppelt so viele. Volumen: 2,78 Milliarden Euro. Verkehrsminister Roger Lewentz zeigt sich damit sehr zufrieden und weist darauf hin, der Bund habe jährlich etwa sieben Milliarden Euro insgesamt zur Verfügung. Rot-Grün habe "bewiesen, dass wir Projekte nach vorne bringen". Das Verkehrskonzept sei "ein starkes Zeichen für die Mobilität und die Wirtschaft".

Das sind die wichtigsten Einzelprojekte bei Straße, Schiene und Wasser:

A-1-Lückenschluss: Der Bau des elf Kilometer langen Teilstücks zwischen Adenau und Kelberg wird vorangetrieben. Kosten: 152 Millionen Euro.

B-10-Ausbau: Die B 10 in der Pfalz wird nicht durchgängig vierspurig ausgebaut, sondern teilweise, also zwischen Hauenstein und Pirmasens sowie zwischen Landau und Godramstein, dazwischen nur dreispurig. Kosten: 120 Millionen Euro.

A 643: Auf dem Mainzer Ring wird eine 4+2-Lösung angestrebt, bei der die Seitenstreifen zeitweise mit befahrbar sein sollen. Kosten: 50 Millionen Euro.

Rheinbrücke bei Wörth: Dort wird analog zu den Planungen in Baden-Württemberg eine zweite Rheinquerung geplant. Kosten: 106 Millionen Euro.

Regionalbahn: Das Angebot im schienengebundenen Regionalverkehr durch den Rheinland-Pfalz-Takt 2015 wird erweitert, wozu das Schienennetz ausgebaut wird. Auf der Westseite von Trier werden etwa fünf zusätzliche Haltepunkte kommen, um Berufspendler zum Umstieg vom Auto auf die Schiene zu animieren. Kosten: 19 Millionen Euro.

Eifelquerbahn: Nach den Plänen von Rot-Grün wird diese Strecke bei Gerolstein für die touristische Nutzung reaktiviert. Kosten: 13 Millionen Euro.

Eifelstrecke: Um das lärmgeplagte Mittelrheintal zu entlasten, soll die Ausweichstrecke von Köln nach Trier geprüft werden, auf der dann täglich bis zu 70 Güterzüge rollen sollen. Dazu müsste teilweise ein zweites Gleis gebaut werden, teilweise müsste die Strecke elektrifiziert werden. Kosten: noch nicht ermittelt.

Ausbau Moselschleusen: Sehr viel Wert legt die Koalition auf funktionierende Wasserstraßen. 400 Millionen Euro sollen für den Ausbau der Moselschleusen im Bundesverkehrswegeplan angemeldet werden.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer zeigt sich im Gespräch mit dem Volksfreund sehr zufrieden. "Wir hatten ja die nicht ganz leichte Aufgabe, Prioritäten zu setzen", sagt Dreyer. Oberste Priorität habe der A-1-Lückenschluss in der Eifel gehabt. Genau der verursacht den Grünen Bauchschmerzen. Das sei "schon bitter" und "ein unglaublicher Eingriff in die Landschaft", räumt Fraktionschef Daniel Köbler ein. Man habe das Rad der Zeit in der Straßenpolitik nicht komplett zurückdrehen können.

Die regionalen SPD-Abgeordneten jubeln. "Dies ist ein guter Tag weit über die Region hinaus, besonders für uns in der Eifel", sagt Astrid Schmitt aus Daun; ähnlich die Schweicherin Ingeborg Sahler-Fesel. Selbst CDU-Generalsekretär Patrick Schnieder findet für die A-1-Entscheidung lobende Worte: "Rot-Grün gibt unter dem großen Druck der Bevölkerung endlich die Blockadehaltung auf." Schnieder bezeichnet allerdings das Gesamtpaket als "Kuhhandel" und "faulen Kompromiss", denn die Nord- und Westumfahrung von Trier seien "auf dem Altar der Koalitionsharmonie geopfert worden".

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