Kammer-Streit geht weiter

Trier · Die neue Pflegekammer Rheinland-Pfalz befindet sich noch in der Gründung. Doch es gibt bereits Knatsch. Die privaten Arbeitgeber weigern sich, die Daten ihrer Mitarbeiter an die Kammer zu geben.

Trier. Ganz unumstritten war sie noch nie: die neue Pflegekammer in Rheinland-Pfalz. Die Gewerkschaft Verdi machte zunächst Front gegen die Standesvertretung für die rund 40 000 in der Pflege Beschäftigten im Land. Verdi war die Kammer, die sich derzeit in Gründung befindet, zu arbeitgebernah. Mittlerweile hat die Gewerkschaft ihren Widerstand aufgegeben. Anders als die Betreiber der privaten Pflegeheime. Ihr Arbeitgeberverband Pflege weigert sich, die Daten der nach eigenen Angaben 5000 in Rheinland-Pfalz in 46 privaten Pflegeheimen Beschäftigten an die Kammer weiterzugeben. Ohne Zustimmung der Mitarbeiter gehe das nicht, das verstoße gegen den Datenschutz, begründet Verbandssprecher Steffen Ritter die Weigerung.
Laut Markus Mai, stellvertretender Pflegedirektor des Trierer Brüderkrankenhauses und Vorsitzender des Gründungsausschusses der Kammer, ist die Übermittlung der Daten von Beschäftigten im Pflegebereich durch die Arbeitgeber im Heilberufegesetz geregelt. Auch der Landesdatenschutzbeauftragte habe dagegen keine Bedenken geäußert. "Der Landtag hat das Gesetz, und damit auch die darin festgelegte Datenübermittlung, einstimmig beschlossen und damit die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen einer Übermittlung legitimiert", sagt Mai.
Boykott aus Protest?


Eine solche gesetzlich geregelte Datenübermittlung von Arbeitnehmerdaten durch Unternehmen finde auch etwa an das Finanzamt oder die Sozialversicherung statt. Die Einrichtungen, die dieser Verpflichtung nachkommen, schadeten in erster Linie den Interessen ihrer Mitarbeiter.
"Nur registrierte Mitglieder können ihre Rechte wahrnehmen, an der anstehenden Kammerwahl teilnehmen und sich in die Anliegen ihrer Kammer einbringen", sagt Mai. Eine rechtliche Handhabe gegen die Unternehmen, die sich weigern die Daten weiterzugeben, besteht aber offensichtlich nicht.
Hinter dem Boykott der privaten Pflegeanbieter steckt aber wohl auch Protest. Protest gegen die Zwangsmitgliedschaft und den damit verbundenen Mitgliedsbeitrag. Ritter spricht von 120 Euro pro Jahr ("Falls das reicht"). Laut Mai steht der Beitrag noch gar nicht fest. Er soll erst im nächsten Jahr von der Vertreterversammlung, eine Art Parlament der Pflegenden, bestimmt werden. Der Protest der Privaten richtet sich aber auch gegen die Kammer generell. "Was soll die Kammer denn konkret tun? Es ist doch alles schon geregelt", meint Verbandssprecher Ritter.
Nach Auskunft von Mai haben die kommunalen und kirchlichen Träger kaum Probleme mit der Kammer. Sie seien der gesetzlichen Verpflichtung "in hohem Maße nachgekommen". Derzeit lägen der Kammer bereits 30 000 Daten von Pflegekräften vor. Der Aufbau der Kammer gerate daher mit der Weigerung der Privaten nichts ins Stocken. Für Unmut dürfte das Ganze aber doch führen, wenn eben nicht wie vorgesehen alle in der Pflege beschäftigten automatisch Mitglied werden und damit auch von den Zahlungen befreit sind.
Bei einer Befragung aller 40 000 Pflegekräfte im Land hatten sich vor zwei Jahren allerdings nur 7000 beteiligt. Drei Viertel davon stimmte für die Kammer.
Diese Zustimmung war Grundlage für einen einstimmigen Landtagsbeschluss und damit auch für das entsprechende Gesetz. Rheinland-Pfalz war das erste Bundesland, das für eine Pflegekammer gestimmt hat. Mittlerweile sollen auch Schleswig-Holstein, Berlin und Niedersachsen solche Einrichtungen erhalten. Auch dort machen die privaten Arbeitgeber Front dagegen.

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