Kandidatendebatte in den USA: Mehr Reality-Show als politisches Forum

Washington · Wüsste man es nicht besser, könnte man meinen, die Republikaner hätten nicht ernsthaft vor, das Weiße Haus zu erobern. Die zweite Kandidatendebatte der Wahlsaison, ausgetragen vor nostalgieschwerer Kulisse in der kalifornischen Präsidentenbibliothek Ronald Reagans, ließ eher an eine Reality-Show denken als an ein politisches Forum. Wo man hinhört, nichts als Nebensächliches.

 Die republikanischen Bewerber für die Präsidentschaftswahl in den USA: Donald Trump (von links), Jeb Bush, Scott Walker, Carly Fiorina und John Kasich

Die republikanischen Bewerber für die Präsidentschaftswahl in den USA: Donald Trump (von links), Jeb Bush, Scott Walker, Carly Fiorina und John Kasich

Foto: Max Whittaker (NEW YORK TIMES / POOL)

Da ist Donald Trump, um den sich nach wie vor alles dreht, der mit der Selbstsicherheit des milliardenschweren Unternehmers verkündet, dass Politiker per se nicht viel taugen. Da ist Jeb Bush, der sich erkennbar ärgert über den rotzigen Trump‘schen Vorwurf, er erwecke den Anschein, als fehle ihm die nötige Energie.

Da ist Carly Fiorina, einst Chefin des Hightechkonzerns Hewlett-Packard, der Trump leutselig bescheinigt, dass sie ein wunderschönes Gesicht habe und überhaupt wunderschön sei, nachdem er im kleinen Kreis wie ein pubertärer Pennäler über ihr Aussehen gelästert hatte. Trump, Trump, Trump. Und so gut wie keine Substanz.

Dass die Republikaner Barack Obama für einen außenpolitischen Träumer, ja für einen Versager halten, ist nicht wirklich neu. Was sie, etwa mit Blick auf Syrien, anders machen würden, blieb hinter markigen Sprüchen verborgen, hinter Parolen, die amerikanische Führungsstärke anmahnen und den vermeintlichen Verlust amerikanischer Militärmacht bedauern. Boots on the ground? Also: Bodentruppen in den Kampf gegen den IS schicken? Und wenn ja, wie viele? Nichts, worauf es konkrete Antworten gegeben hätte.

Was allerdings auffällt, ist, wie einsam es um die Konservativen der vorsichtigen Schule zu werden scheint. Der Libertäre Rand Paul, der jegliches Eingreifen im Nahen Osten kategorisch ablehnt, stand in Reagans Bibliothek allein auf weiter Flur. Im Wahlkampf 2012 war sein Vater Ron Paul noch auf einer Welle der Zustimmung gesurft, als er einer strikten Rückbesinnung auf das eigene Land, mehr oder weniger einem Rückzug aus dem Rest der Welt das Wort redete. Bei Jon Huntsman, einem republikanischen Realpolitiker, unter Obama eine Zeitlang Botschafter in China, hatte es kaum anders geklungen. Doch die Erinnerung an das Kapitel Irak verblasst schneller, als es manche für möglich gehalten hatten.

Der Schock des desaströsen Feldzugs sitzt längst nicht mehr so tief wie noch vor vier Jahren. Wenn nicht alles täuscht, gewinnen die Interventionisten in den Reihen der Grand Old Party gerade wieder Oberwasser. George W. Bush, über den man eine Zeit lang hinweggegangen war wie über einen peinlichen Verwandten, ist wieder en vogue. Kein kritisches Debattenwort über ihn. Im Gegenteil, als ihn sein Bruder Jeb dafür lobt, dass er das Land nach den Anschlägen des 11. September erfolgreich vor terroristischen Bösewichtern schützte, während Obama die Sicherheit der Amerikaner leichtfertig aufs Spiel setze, stimmt einer nach dem anderen in die Laudatio ein. Die Zeit der leisen Töne, sie ist wohl endgültig vorbei.Mehr zum Thema

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