Katastrophenübung in Großformat: „Das ist eine Revolution“ - Medizinische Task Force übt Ernstfall

Brück (dpa) · Ob Terroranschlag oder schweres Zugunglück: Wenn viele Menschen bei einer Katastrophe verletzt werden, reichen die Einsatzkräfte manchmal nicht aus. Nun haben 130 Helfer für den Fall der Fälle geübt.

Blutende Menschen werden auf fahrbaren Liegen herbeigerollt, in Minutenschnelle untersucht und auf große, graue Zelte verteilt. Dort versorgen Ärzte die Opfer je nach Schwere der Verletzungen und bereiten sie auf den Weitertransport in Kliniken vor. Martinshörner gellen. Ein Hubschrauber kreist.

Wenn jede Hilfe zu spät kommt, steht Zelt „X“ bereit - für die Toten. Dort ist ein kleiner Altar aufgebaut, darauf liegen Texte für Christen, Juden und Muslime. So könnte eine Katastrophe aussehen - doch vorerst trainieren die Einsatzkräfte den Ernstfall. Das Szenario: eine Explosion in einer Düngemittelfabrik mit 120 Verletzten.

Es ist die erste Übung der Medizinischen Task Force (MTF) des Bundes, auf einem Truppenübungsplatz in Brück (Potsdam-Mittelmark). Diese Spezialeinheit für den Zivil- und Katastrophenschutz kommt zum Einsatz, um die regulären Kräfte am Ort zu unterstützen und bei der Versorgung einer großen Anzahl von Verletzten zu helfen. Etwa nach einer Explosion, einem Unfall oder einem Terroranschlag irgendwo in Deutschland. Zu der Task Force gehören Mitarbeiter von Hilfsorganisationen oder den Feuerwehren.

In Brück sind bei der Übung „Flinker Oktopus“ am Samstag rund 130 Helfer aus vier Bundesländern dabei: Brandenburg, Berlin, Rheinland-Pfalz und Hessen. Vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Kassel ist Stephan Schild angereist. Er steht in einem der grauen Zelte, die noch sehr neu riechen, und sagt: „Das ist eine Revolution im Vergleich zu dem, was wir vorher hatten.“ Er meint zum Beispiel die neuen Spezialfahrzeuge, eine „durchdachte Ausstattung“ und die Möglichkeit, rund acht Patienten in einem 40 Quadratmeter großen Zelt zu versorgen.

Bundesweit sollen 61 MTF-Einheiten mit je etwa 111 Kräften und 21 Fahrzeugen aufgebaut werden. Die Frage ist momentan, wie es mit der Finanzierung weitergeht. Denn die Finanzkrise hat nach Angaben des Bundesinnenministeriums dem ursprünglichen Plan einen Strich durch die Rechnung gemacht. 2007 hatten sich Bund und Länder geeinigt, dass der Bund jährlich 57 Millionen Euro bereitstellt - etwa für die Anschaffung von Spezialfahrzeugen, deren Wartung und Reparatur.

In diesem Jahr stehen nur 48 Millionen Euro bereit, wie der Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Christoph Unger, sagt. Er gibt sich optimistisch: „Es sieht so aus, dass wir weiter Geld kriegen.“ Offen sei jedoch, wie viel das sein werde. Derzeit beraten Unger zufolge Bund und Länder. Bisher seien von den geplanten rund 5000 Fahrzeugen etwa 4000 ausgeliefert worden.

Keine der 61 MTF-Einheiten ist derzeit komplett einsatzbereit - die Umsetzung des Gesamtkonzeptes sei 2007 auf etwa 15 Jahre angelegt worden, sagt Unger zur Begründung. Es fehlen noch die Ausstattungen für die Dekontamination von Verletzten und die allgemeine Logistik.

Brandenburg als Gastgeberland der Übung verfügt über insgesamt fünf MTF-Standorte. Steven Bahl, Referent für Katastrophenschutz im Brandenburger Innenministerium, schaut auf dem Truppenübungsplatz in Brück genau hin: Aus dem Ablauf wolle er auch Schlüsse für den Katastrophenschutz auf Länderebene ziehen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe zeigte sich jedenfalls am Sonntag in einer ersten Bilanz zufrieden mit dem Verlauf der Übung.

Die Mitarbeiter der medizinischen Spezialeinheit des Bundes kümmern sich zum Beispiel um Schädelverletzungen, Brüche und Verbrennungen. Nach Angaben des Bundesamtes können in den Zelten rund 100 Verletzte in einem kürzeren Zeitraum versorgt werden - beziehungsweise 50 über 48 Stunden hinweg. Präsident Unger stellt klar: „Die MTF ist nicht vorgesehen für Ebola-Einsätze.“

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