Kleine Subvention im großen Steuerstreit

Berlin · Dass ein Konjunkturprogramm auf seine Wirksamkeit überprüft werden soll, ist vernünftig. Nur: Was ist, wenn der Gesetzgeber die von ihm geforderten Gutachten später zwar bekommt, aber kritischen Hinweisen nicht folgen will?

Berlin. Im Jahr 2006 erfand die damalige schwarz-rote Koalition das System im Rahmen eines "Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung". Vorläufer hatte es schon unter Rot-Grün gegeben. Bis zu 600 Euro konnten direkt von der Steuer abgesetzt werden, jeweils ein Fünftel der Rechnungen für Maler- oder Gartenarbeiten, Elektromontagen oder auch Kaminkehrer. 2009 wurde der absetzbare Betrag auf 1200 Euro verdoppelt. Rechnungen bis zu 6000 Euro können seitdem also steuerlich geltend gemacht werden, freilich immer nur der Arbeitsanteil, nicht das Material. Ziel war auch die Verringerung der Schwarzarbeit.
Inzwischen gibt es zwei Studien, die belegen, dass die Subvention nicht wie gewünscht funktioniert. 2011 stellte der Bundesrechnungshof erhebliche Mitnahmeeffekte fest und empfahl die Abschaffung. So machten viele Bürger Arbeiten steuerlich geltend, die wie die jährliche Kaminschau ohnehin gesetzlich vorgeschrieben seien und auch gar nicht von Schwarzarbeitern erledigt werden könnten.
Doch nichts geschah. Nun ist eine neue umfangsreiche Studie fertig geworden, die dem TV vorliegt. Das Finanzministerium hatte sie in Auftrag gegeben. Die Forscher des Wirtschaftsprüfungsunternehmens Ernst & Young bestätigen die Mitnahmeeffekte und stellen darüber hinaus fest, dass die Absetzbarkeit der Handwerksarbeiten keine wesentlichen Auswirkungen auf Ertragslage und Beschäftigung der Branche gehabt habe, und dass auch der durchaus feststellbare leichte Rückgang der Schwarzarbeit nicht klar auf die Subvention zurückgeführt werden könne.
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht dennoch "keinen Handlungsbedarf". Hintergrund der Zurückhaltung ist auch der alte Grundsatzstreit in der großen Koalition über die Steuerpolitik. Schon in den Koalitionsverhandlungen hatten sich CDU und CSU darauf versteift, dass es keinerlei Steuererhöhungen geben dürfe; dazu zählten aus Unionssicht auch indirekte Zusatzbelastungen durch den von der SPD geforderten Fortfall von Subventionen. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Carsten Schneider, nutzte das neue Gutachten gestern zwar sogleich, um die alten Forderungen seiner Partei zu erneuern. Beim Koalitionspartner gibt es jedoch wenig Bereitschaft zu Änderungen. wk

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