Kommt der Abschied vom Soli auf Raten?

Berlin · Neuer Streit in der großen Koalition: Der Solidaritätszuschlag soll von 2020 an schrittweise abgebaut werden, verlangen die Spitzen von CDU und CSU. Die SPD zeigte sich von dem Vorstoß wenig angetan.

Berlin. Der umstrittene Soli ist ein politischer Dauerbrenner. Die FDP setzte in der Regierung unter Helmut Kohl (CDU) eine Senkung der Abgabe durch. Dabei ist es bis heute geblieben. Technisch gesehen ist der Soli ein Zuschlag von 5,5 Prozent auf die Lohn- und Einkommensteuer. Auch auf Kapitalertrags- und Körperschaftsteuer wird er fällig.
Politische Gründe für seine Einführung im Jahr 1991 waren die hohen Kosten des Golfkrieges und der deutschen Einheit. Tatsächlich floss das Geld allerdings nie zweckgebunden in den Osten, sondern stets in den allgemeinen Bundeshaushalt. Deshalb kann die Bundesregierung ohne die Zustimmung der Länder entscheiden, was mit der Abgabe künftig geschieht.Bayern schert aus


Bei den laufenden Verhandlungen über die Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, die durch das planmäßige Auslaufen des Solidarpakts für die neuen Länder im Jahr 2019 nötig wurden, war man sich aber schon darüber einig geworden, auf das Geld aus dem Soli auch nach 2020 nicht verzichten zu können. Darüber hatten die Ministerpräsidenten der Länder im vergangenen Jahr einen einstimmigen Beschluss gefasst. Gegenwärtig bringt der Soli etwa 15 Milliarden Euro pro Jahr (siehe Grafik). 2019 könnten es 20 Milliarden Euro sein. Allerdings ist Bayern aus der Länderfront ausgeschert, denn eine schrittweise Abschmelzung des Zuschlags ist von Kanzlerin Angela Merkel sowie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) und dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer verabredet worden.SPD genervt von "Volten"


Der überraschende Sinneswandel der Union kam bei der SPD schlecht an. Immerhin stellt sie neun von 16 Ministerpräsidenten. Parteichef Sigmar Gabriel zeigte sich von der "180-Grad-Kehrtwende" irritiert. Sein Stellvertreter, Thorsten Schäfer-Gümbel, sprach von "bemerkenswerten Volten" und stellte klar: "Einfach mal eben den Soli abschaffen ohne einen Vorschlag, wie marode Straßen und Schulen saniert werden können, ist mit der SPD nicht zu machen."
Hintergrund für den Richtungswechsel der Union ist offenbar die Befürchtung, dass das Bundesverfassungsgericht die Abgabe kippen könnte. Außerdem gilt es als schwierig, den Soli aufkommensneutral, also ohne Mehrbelastung für alle Steuerzahler in die Einkommensteuertabelle zu überführen. Die Union will aber unbedingt an ihrem Versprechen festhalten, die Steuern nicht zu erhöhen.Finanzkonzept bis Juni geplant


Ursprünglich wollten sich Bund und Länder Ende des vergangenen Jahres auf ein Konzept zur Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen einigen. Nun soll eine Lösung dafür bis zum Juni gefunden werden. Mit der Idee einer schrittweisen Abschaffung des Soli könnte dieser Fahrplan ins Rutschen kommen.

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