Lehrer: Kein Wahlkampf in den Schulen

Mainz · CDU und SPD haben in Briefen an Schulleitungen und Elternvertreter jeweils für ihr Wahlprogramm geworben. Die Lehrergewerkschaft VBE kritisiert die Vereinnahmung der Schulen für Wahlkampfzwecke scharf. Der Landeswahlleiter weist die Schulleiter auf ihre Neutralitätsverpflichtung hin.

Mainz. Ein Flugblatt des Kita-Landeselternausschusses sorgte vor einigen Wochen für Aufregung. Der Ausschuss ließ das Blatt, in dem davor gewarnt wurde, dass die Beitragsfreiheit in den Kindergärten unter einer CDU-geführten Landesregierung in Gefahr sei, in den Kindertagesstätten verteilen. Die CDU protestierte heftig, weil sich der Elternausschuss über Zuschüsse der Landesregierung finanziert und daher keine Wahlwerbung machen dürfe. Der Landeswahlleiter und das Mainzer Familienministerium stoppten die Verteilung des Flyers, weil es sich um unerlaubte Wahlwerbung handele.
Nun sind Schulen das Ziel der Wahlkampfstrategen von SPD und CDU. Vergangene Woche schickte die CDU einen von ihrer Spitzenkandidatin Julia Klöckner unterschriebenen Brief an Grundschulen im Land mit der "Bitte an die Weitergabe der an den/die Elternvertreter/in Ihrer Schule". Klöckner kritisiert darin, dass "in 932 von 969 Grundschulen in Rheinland-Pfalz" Schreiben nach Gehör unterrichtet werde. Die CDU-Landeschefin wirbt in dem Brief, der unserer Zeitung vorliegt, für ihre Bildungs- und Familienpolitik.
Am Dienstag schrieb dann die Landes-SPD einen Brief, der dem TV ebenfalls vorliegt, an die "Schulleitungen, Kollegien und Elternbeiräte", in dem Generalsekretär Jens Guth dafür wirbt, SPD zu wählen, "damit Bildung gebührenfrei bleibt".Landtagswahl 2016


Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisiert diese Wahlwerbung kräftig. Die Schulen würden derzeit voll vereinnahmt, bei den beiden Parteien fielen die Hemmungen, sagt VBE-Landesgeschäftsführer Hjalmar Brandt. "Wir wenden uns in aller Entschiedenheit gegen die parteipolitische Instrumentalisierung der Schulen für Wahlkampfzwecke - von welcher Partei auch immer."
Brandt appelliert an alle Parteien: "Achtet die Würde der Schule! Missbraucht sie nicht für Eure machtpolitischen Zwecke!"
Die Landesvorsitzende des Philologenverbands - er ist die Vertretung der Gymnasiallehrer - wirft der SPD einen "unzulässigen Versuch der politischen Einflussnahme" vor.
Sowohl CDU und SPD reagieren zurückhaltend. Der Brief des Generalsekretärs seiner Partei sei eine Reaktion auf das Schreiben der CDU, sagt SPD-Sprecher Oliver Schopp kurz und knapp. CDU-Sprecher Olaf Steenfadt weist die Kritik der Lehrergewerkschaft VBE zurück und verweist auf den Brief der SPD.
Laut Landeswahlleiter Jörg Berres sind "staatliche Funktionsträger", wozu auch Schulleiter zählen, zur Neutralität verpflichtet, und es sei ihnen nicht gestattet, "im Wahlkampf als solche für eine Partei fördernd oder bekämpfend Stellung zu nehmen". Daher dürften sie der Aufforderung der Parteien, die Briefe an die Lehrer oder Elternbeiräte weiterzuleiten, nicht nachkommen, sagte Berres auf Anfrage unserer Zeitung.
Die für Schulaufsicht zuständige Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier verweist darauf, dass die Schulleitung offene oder geöffnete Schreiben, die direkt an die Schule gerichtet seien und eindeutig parteipolitischen Charakter hätten, nicht weitergeben müsse. Anders sehe es aus, wenn verschlossene Schreiben an die Elternvertretungen adressiert in den Schulen einträfen, sagt ADD-Sprecherin Miriam Lange: "Dann besteht nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht der Schulleitung, die Schreiben an die Elternvertretungen weiterzuleiten." Die Schule und damit auch die Leitung dürfe verschlossene Schreiben an die Elternvertretungen aufgrund des Briefgeheimnisses nicht öffnen.

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